Palästinenser-Freilassung: Protest in Israel

In der letzten Nacht hat Israel vereinbarungsgemäß 26 palästinensische Häftlinge freigegeben, die alle vor mehr als 20 Jahren wegen Mordes verurteilt worden waren. Aus Sicht der Palästinenser sind die Männer Freiheitskämpfer, sie wurden wie Helden empfangen. Um die Proteste von rechts abzudämpfen, hat die israelische Regierung zugleich neue Bauprojekte in Ost-Jerusalem angekündigt.

Mittagsjournal, 30.10.2013

Jubel in Ramallah

Am Abend hatte Israels Oberster Gerichtshof noch einen Einspruch von Terroropfern gegen die Freilassung abgewiesen - kurz nach Mitternacht lief die Operation dann an. Fünf der freigelassenen palästinensischen Langzeithäftlinge, die schon beim Grenzterminal Eres warteten, wurden in den Gazastreifen hinübergeschickt, 21 Männer wurden an einen Übergang ins Westjordanland gefahren. Im großen Hof der Präsidentenkanzlei in Ramallah wurden sie von Hunderten Menschen mit großem Jubel empfangen - man machte das Victory-Zeichen und schwang Fahnen, Präsident Mahmud Abbas begrüßte jeden einzelnen mit Küssen. Für Abbas ist es wichtig, jede der Freilassungen als Verhandlungserfolg zu verbuchen: "Wir werden unsere Anstrengungen zur Befreiung aller Gefangenen fortsetzen. Und es wird auf gar keinen Fall ein Abkommen geben, wenn auch nur ein einziger Gefangener hinter Gittern bleibt."

Proteste in Israel

Freilich, auf der palästinensischen Straße erinnert man sich auch daran, dass die radikale Hamas, die mit der Fatah-Partei von Abbas rivalisiert, vor zwei Jahren viel mehr Häftlinge freibekommen hat, nämlich mehr als 1000, und das nicht durch politische Verhandlungen, sondern durch die Entführung eines israelischen Soldaten. Die jetzt freigelassenen 26 Männer sind das zweite Viertel von insgesamt 104 Häftlingen, zu deren Enthaftung Israel sich im Juli verpflichtet hatte, als der Friedensprozess nach langer Pause neu gestartet wurde. In Israel gab es auch diesmal wieder Debatten und Proteste, viele Israelis sind verbittert, weil alle freigelassenen Häftlinge wegen Mordes verurteilt worden waren. "Terroristen lässt man nicht frei", skandierten Demonstranten beim Ofer-Gefängnis: "Grausame Mörder wie diese, die mit Messern und Äxten getötet haben, gehören hinter Gitter. Unsere Regierung hat uns verraten, es ist ein Verrat, solche Mörder freizulassen."

Bauprojekte als Ausgleich

Diese Demonstranten und der ganze rechte Flügel der Regierungskoalition sollen nun wieder besänftigt werden. Nicht zufällig zeitgleich mit der Freilassung hat Israel nun sozusagen zum Ausgleich weitere Bauprojekte in Ost-Jerusalem angekündigt - in Ramat Schlomo etwa, das aus israelischer Sicht einfach ein Viertel der Hauptstadt ist, aus palästinensischer Sicht hingegen besetztes Gebiet. Die nächste Gefangenenfreilassung wiederum ist für Dezember vorgesehen. Hinter dieser Geräuschkulisse gehen diskret die Verhandlungen weiter. Über die Termine und den Inhalt wird offiziell nichts verlautbart, die Palästinenser signalisieren, dass es keine Fortschritte gibt.

Übersicht

  • Naher Osten