Patzelt: Jordanien nicht im Stich lassen

Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt ruft dazu auf, die Nachbarländer Syriens bei der Bewältigung der Flüchtlingswellen nicht allein zu lassen. Vor allem die Unterstützung Europas sei notwendig: "Wenn wir weiterhin zu wenige Menschen aufnehmen, dann opfern wir Menschenleben allein aus innerösterreichischem, innereuropäischem Pragmatismus."

Mittagsjournal, 31.10.2013

Der Generalsekretär von Amnesty International in Österreich, Heinz Patzelt, im Gespräch mit Paul Kraker.

"Menschenrechtliche Sofortverpflichtung"

Jordanien sei offensichtlich vom Flüchtlingsandrang überfordert - für Patzelt keine Überraschung: "Jordanien ist etwa so groß wie Österreich, hat eine halbe Million Menschen aufgenommen, wir nehmen 500. Irgendwann einmal geht da nichts mehr. Toll, dass Jordanien so lange geholfen hat." Wenn Europa und die ganze Welt Jordanien nun im Stich lasse, werde es dort zu Katastrophen kommen.

Patzelt will vor allem endlich Taten sehen: Der Worte seien genug gewechselt. Es gebe ausreichend Plätze in Europa, die müssten bereitgestellt werden. Das dürfe es keine Angst vor Fremdenfeindlichkeit geben, das sei eine "humanitäre, menschenrechtliche Sofortverpflichtung".

Dass Österreich 500 Syrer aufnehmen will, hält Patzelt "für einen schlechten Witz". Österreich sei eines der wohlhabendsten Länder und hätte sehr viel mehr Möglichkeiten. Schweden nehme mehrere Tausend. "Irritiert" bezeichnet sich Patzelt auch über die Aufnahmekriterien Christen, Frauen, Kinder. Das sei menschenrechtlich nicht haltbar.

Mauern ohne Chancen

Flüchtlinge, die nach Syrien in den Bürgerkrieg zurückgeschickt werden, landen im Niemandsland ohne Ressourcen, sagt Patzelt und nennt als Beispiel das Schicksal einer alleinstehenden Mutter, die mit sechs Kindern an der jordanischen Grenze abgewiesen wird, auf der Straße vor dem Grenzposten lebt und mit ihren Kindern Grashalme und Zweige von den Bäumen essen muss. Andere ziehen es dann doch vor, sich wieder dem Risiko des Krieges auszusetzen.

Als chancenlos gegen den Flüchtlingsandrang betrachtet Patzelt übrigens Initiativen wie jene Bulgariens, die mit einer 30 Kilometer langen Mauer an der Grenze zur Türkei syrische aufhalten will. "Die Mauern, die Europa um sich bauen will, werden nie hoch genug sein. Wenn Menschen dem sicheren Tod entkommen wollen, dann werden sie jedes Risiko auf sich nehmen."

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