Dunkle Flecken in Österreichs Skigeschichte
"Blinde Flecken im Schnee "- unter diesem Titel hat sich eine Veranstaltungsreihe im Wiener Straflandesgericht mit den unrühmlichen Seiten von Österreichs Skigeschichte befasst. Dabei geht es allerdings nicht um Doping-Verdachtsfälle, sondern vielmehr um den historischen Antisemitismus. So wurden Juden schon lange vor der Nazizeit vom Skiverband ausgeschlossen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 2.11.2013
Skisport nur für Arier
Sogenannte Arierparagrafen dienten der Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung - so wurden Juden von allen möglichen Lebensbereichen ausgeschlossen. Und zwar schon vor der Machtergreifung der Nazis 1933 und vor dem Anschluss 1938. Nicola Werdenigg hat die Geschichte des Skisports und des Skiverbandes in Österreich untersucht: "Es gab bei der Generalversammlung 1920 den wichtigsten Punkt, und da ging's darum, den Arierparagrafen einzuführen oder nicht. Das wurde vorerst noch in der Abstimmung abgelehnt. Aber bereits 1923 gab's im ÖSV den Arierparagrafen. Das heißt, an Wettkämpfen, Ausflügen und Bestrebungen durften keine Juden mehr teilnehmen." Erst auf Druck des Internationalen Skiverbandes sei der Arierparagraf wieder zurückgenommen worden.
Späte Ehre für Finanzier
Nicola Werdenigg war Skirennläuferin, bekannt und erfolgreich war sie in den 1970er Jahren unter ihrem Mädchennamen Nicola Spieß. Sie berichtet auch vom Fall von Rudolf Gomperz, der maßgeblich zum Aufschwung des Wintersports in Tirol, besonders am Arlberg, beigetragen hat: "Der die Galzigbahn initiiert und gebaut hat und zum Teil finanziert hat. Er war jüdischer Abstammung und ist dann im KZ gestorben. Da hat man erst Ende der 1990er-Jahre am Arlberg Denkmäler und Gedenkfeiern errichtet." Felix Mitterer hat die Geschichte des Rudolf Gomperz zum Stück "Kein schöner Land" verarbeitet.
Antisemitismus rund um den Wintersport stellt Nicola Werdenigg aber auch nach dem Ende des Nationalsozialismus fest. Etwa als 1972 Karl Schranz wegen Verstoßes gegen den Amateurparagrafen von den Olympischen Spielen ausgeschlossen wurde - vom IOC-Präsidenten Avery Brundage. Werdenigg: "Über Avery Brundage als Jude ist fürchterlich geschimpft worden, die Juden würden die Österreicher vom Skisport ausschließen und so weiter. Das wäre ein schlagendes Beispiel für das Gedankengut, das da meist geherrscht hat."
"Cases re-openend"
"Blinde Flecken im Schnee" lautet der Titel der Untersuchung von Nicola Werdenigg über eine teils problematische Vergangenheit einer österreichischen Nationalsportart. Die Veranstaltung fand statt im Rahmen der Reihe "Vor Gericht - Cases re-openend" am Wiener Straflandesgericht statt. Bis Dezember werden hier in Verbindung mit Fotografien des israelischen Künstlers Tal Adler jeweils historische Themen bearbeitet, die mit historischem Recht und Unrecht zu tun haben.