"Das Ende der Zeiten" - Lukas 21, 5 - 19
„Alles wird niedergerissen werden“, sagt Jesus. Als Patron der Denkmalpfleger kommt er nicht in Frage. Und es geht weiter in diesem Ton. Kriege, Unruhen, Aufstände, Seuche, Hungersnöte, schreckliche Zustände. Dann noch Verfolgungen, Gefängnis, Auslieferung durch Freunde und Familienangehörige.
8. April 2017, 21:58
Jesus sagt denen, die ihm folgen, keine angenehme Zukunft voraus. Warum sollte ich mir das alles antun? Kann ich es nicht ein bisschen gemütlicher haben? Aber wenn ich mich umhöre, entdecke ich, dass die Beschwichtigungsversuche all derer, die eine Zukunft in rosigen Tönen malen, gar nicht überzeugend sind. Sie gleichen den Ermunterungsversuchen jener, die einem, der den Strick bereits um den Hals hat, zurufen: „Angenehm warme Luft heute!“
Wenn ich den Blick auf die Welt richte, also ein wenig nur über die eigenen vier Wände hinausschaue, dann zeigt sich, dass die Darstellung Jesu keine Schwarzmalerei ist. Im Moment sind wir in Europa von vielem verschont. Aber vor kurzem war das anders, und es kann rasch wieder anders werden. Dass wir in Frieden sind bedeutet nur, dass wir einen größeren Spielraum haben, uns um andere zu kümmern. Jesu Blick umfasst die Welt im Ganzen. Wer mit diesen Augen sehen lernt, wird keinen Separatismus der Wohlhabenden und Starken akzeptieren können. Separatismus wird von der Angst genährt, etwas verlieren zu können. Doch wer mit Jesus geht, das ist meine feste Überzeugung, kann nichts verlieren. Er hat bereits alles verloren und erfährt, wie ihm alles neu geschenkt wird. Alle diese Verluste werden beschrieben, peinlich genau, furchteinflößend. Und dann heißt es: Es wird euch kein Haar gekrümmt werden. Euch kann nichts passieren.
Ich fände es fein, wenn der Glaube unserer Tage wieder etwas vom Sieghaften hätte, das immer wieder in der Geschichte des Christentums zu verspüren war. Nicht das Sieghafte der christlichen Heere, der wehenden Fahnen und schmetternden Schlachtengesänge meine ich. Auch nicht jene Siege, die durch die Unterdrückung anderer erkämpft wurden. Sondern das Sieghafte jener, die durch den Verzicht an jenen Punkt gelangten, wo im Kleinen, im Unscheinbaren, im Armseligen der Glanz des Ewigen wahrnehmbar werden konnte. Das gibt es auch heute. Die Worte einer Sprache können so klar sein, dass sie aus sich selbst überzeugen. Musik vermag im Einfachsten einen wunderbaren Zauber erfahrbar zu machen. Die Kunst kann alles preisgeben und aus dem Nichts neu erstehen. Auch die Kirchen könnten auf gewohnte Sicherheiten verzichten und sich im Ungeschützten neu entdecken lernen.
Der Glaube kann auch heute sieghaft sein. Das kann bedeuten, den Stumpfsinn einer auf Produktion und Verbrauch dressierten Gesellschaft nicht mehr mitmachen zu wollen. Oder es kann bedeuten, mir von internationalen Konzernen nicht vorschreiben zu lassen, wie ich auszusehen habe und was zu meinem Glück notwendig ist. Der Glaube kann die Welt, unsere Kunst und Kultur, die Wirtschaft, die Wissenschaft mit neuen Augen sehen lehren. Er kann entdecken, dass in all dem der Hauch Gottes weht. Wer glaubt, kann die Welt nicht den Katastrophen überlassen. Er kann zeigen, dass es sich inmitten aller Katastrophen leben lässt. Dass inmitten aller Katastrophen das Leben sieghaft bleibt. „Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.“ Glaube kann sieghaft sein. Dazu muss er sich aber aus den eigenen vier Wänden hinauswagen ins Offene der Welt.