Ein Jahr nach Flüchtlingsmarsch auf Wien
Vor einem Jahr machten sich Asylwerber aus Traiskirchen zu Fuß auf den Weg nach Wien. Sie wollten Änderungen im Asylsystem bewirken, bauten deshalb ein Protestcamp vor der Votivkirche auf und besetzten dann die Kirche. Hat der Protest der Asylwerber im Umgang mit Flüchtlingen in Österreich etwas verändert?
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.11.2013
Verhaltene Bilanz
Verhalten fällt sie aus, die Bilanz von Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner. Er war das Gesicht der Caritas in diesem Konflikt und hat dafür viel Kritik kassiert - auch von den Flüchtlingen selbst. Das erklärt er sich so, "dass die Männer womöglich geglaubt haben, dass wir Gesetze machen können, dass wir ihnen einen legalen Status geben können, das können wir aber nicht." Man habe immer betont, dass in Österreich niemand über dem Gesetz stehe.
Erstmals hätten Asylsuchende selbst auf ihre Anliegen aufmerksam gemacht, sagt Schwertner. Doch ein Jahr danach hat sich bei den Männern noch größere Verzweiflung breitgemacht. Sie seien enttäuscht, unterm Strich sei für sie persönlich wenig übrig geblieben, die gestellten Forderungen seien zum größten Teil unerfüllt, so der Caritas-Generalsekretär.
Keine politische Diskussion mit Hungerstreikenden
Bleiberecht, arbeiten dürfen, frei wählen können, wo man wohnt. Davon ist für diese Asylsuchenden nach wie vor keine Rede. Obwohl absehbar war, dass sich politisch nichts bewegen wird, bekamen einige Asylwerber erstmals überhaupt einen Termin bei der Innenministerin. Auch um einige Dinge klarzustellen, sagt Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck: "Die Erwartung war ganz klar die, klarzumachen, dass politische Diskussionen nicht mit Hungerstreikenden in besetzten Kirchen stattfinden können, sondern dass ein politischer Diskurs im Rahmen der Gesetzgebung im Parlament stattfindet."
Generell, so Grundböck, habe der Protest und auch das Vorgehen einiger Unterstützer den Anliegen der Asylsuchenden geschadet. Die Polarisierung habe in diesem Jahr zugenommen, die Gräben zwischen den Akteuren seien tiefer geworden, so Grundböcks Eindruck.
Acht Männer bereits abgeschoben
Die Unterstützer weisen diese Vorwürfe zurück. Vielmehr seien die Asylwerber für ihren Protest vom Innenministerium bestraft worden, sagt eine Unterstützerin: "Da gibt es ganz offensichtlich einen Willen vom Innenministerium, diesen Protest zu unterdrücken und die Angst unter den Flüchtlingen zu streuen, wer sich für seine eigenen Rechte einsetzt, muss dann mit Folgen oder sogar seiner Abschiebung rechnen." Das weist Karl-Heinz Grundböck vehement zurück.
Von der ursprünglichen Gruppe der Asylwerber ist jedenfalls nicht viel übrig geblieben: Acht wurden schon abgeschoben, sieben Asylanträge abgelehnt, 17 Verfahren laufen noch. Ein Mann aus Afghanistan hat sogenannten subsidiären Schutz bekommen, darf also vorübergehend in Österreich bleiben.