Francois Ozon: "Jung und schön"

Nach einem Urlaubsflirt entdeckt eine 17-Jährige im französischen Film „Jung und Schön“ ihre Sexualität und was man damit alles anstellen kann. Regie führte dabei Francois Ozon, der sich in seinen Filmen immer wieder mit den Widrigkeiten des Erwachsenwerdens auseinandersetzt.

Mittagsjournal, 25.11.2013

Nicht mehr Kind, aber auch noch nicht erwachsen. "Man ist nicht ernst, wenn man 17 ist", zitieren die Schüler in Isabelles Klasse ein Gedicht von Arthur Rimbaud. Es ist ein romantisches Liebesgedicht, doch die Wirklichkeit von heute ist eine andere. Um ihre Sexualität zu erfahren und Grenzen auszutesten bietet sich Isabelle unter dem Namen Lea im Internet als Prostituierte an.

Schlabberpulli und elegante Bluse

Isabelle und Lea, das sind zwei Namen und eine Person. Entlang dieses Doppellebens erforscht Regisseur Francois Ozon, was es heißt, jung und schön zu sein. Isabelle jongliert bravourös mit ihren Rollen zwischen Schlabberpulli und eleganter Bluse, zwischen der Unschuld eines familiär behüteten Daseins und den Verlockungen der großen weiten Welt, zwischen dem Regelwerk der Erwachsenen und dem Gefühl neuer Freiheit und sich selbst schon erwachsen zu fühlen. In vielen Filmen würde die Jugend idealisiert, meint Francois Ozon, mit einer gewissen Distanz zu seiner eigenen Jugend wollte er daher einen anderen Blick darauf werfen.

Uhrzeit, Hotel, Geld

Der schwelgerischen Poesie Rimbauds setzt Lea eine pragmatische Verknappung der Botschaft per SMS entgegen: Uhrzeit, Hotel, 300 oder auch schon mal 500 Euro. Aus einer Entdeckungsreise ins eigene Ich wird bald ein gutes Geschäft. Doch Moralisieren ist Francois Ozons Sache nicht, er nimmt die Position des Beobachters ein. Nach und nach entdeckt Isabelle die Macht ihrer körperlichen Reize, dass sie damit spielen und vor allem Männer manipulieren kann. Dieses Bewusstsein wird zu einem Instrument der Emanzipation gegenüber der Familie.

Regie mit Feingefühl

Den Ernst der Sache mit Ironie und - musikalisch unterfüttert - mit Leichtigkeit zu erzählen, psychologische Deutungsmuster anzureißen, dabei so manche Klischeesituation aufzutischen und dennoch keine Klischees zu bedienen, das ist schon eine Gratwanderung, die Francois Ozon mit Feingefühl absolviert. Unerwartet findet Lea Zuneigung zu einem viel älteren Kunden, vielleicht der Vater, den sie nie hatte. Irgendwie ist das dann doch wieder romantisch.