Kambodscha: Schüsse auf Textilarbeiter

In Kambodscha floss heute Blut, wo sonst für internationale Großkonzerne genäht wird: Die Armee schoss auf demonstrierende Textilarbeiter. Seit zwei Wochen protestieren die Arbeiter und Arbeiterinnen für höhere Löhne. Fast alle Fabriken des Landes sind mittlerweile geschlossen. Heute hat die Armee nun mit Gewalt geantwortet. Mindestens drei Arbeiterinnen wurden getötet und zehn schwer verletzt.

Flammen auf Firmengelände in Kambodscha

(c) Remissa, EPA

Mittagsjournal, 3.1.2014

Verwunderung über Armeeeinsatz

Mit dem Streik wollen die Textilarbeiter die Verdoppelung des Mindestlohns von 57 auf 114 Euro pro Monat durchsetzen. Das Angebot der Regierung liegt deutlich darunter.

Auch Mönche befinden sich unter den Demonstranten. Sie bilden eine Menschenkette, um die Armee an Vorrücken zu hindern. Der Polizeichef nennt die Demonstranten Anarchisten, die das Eigentum anderer vernichten. Die Protestierer haben vor einer Fabrik in der Hauptstadt Phnom Penh die Sicherheitskräfte mit Steinen, Flaschen und Benzinbomben beworfen.
Meach Chandrah, Abgeordneter der Opposition, ist hergekommen, um sich selbst ein Bild zu machen. Und er versteht wie viele andere nicht, warum sich die Armee so in diesen Konflikt einmischt: "Die Soldaten sind doch dafür da, das Land zu beschützen. Und so frage ich mich - was machen die hier? Warum schützen sie die Fabriken? Das sollte wohl Aufgabe der Polizei sein - oder?

Immer wieder gibt es Vorwürfe, dass Fabriksbesitzer und Armeeoffiziere gemeinsame Sache machen. Und dass da einiges an Geld in die Taschen der Soldaten fließt.

Aber auch Polizei und Justiz sind in diesem Streit wohl nicht neutral. Das behauptet der Menschenrechtsaktivist Am Sam Ath: "Sie haben alle wichtigen und hohen Gewerkschaftsführer eingesperrt. Außerdem sind viele Arbeiter, aber auch Mönche und Soldaten verletzt worden."

Katastrophale Arbeitsbedingungen

In der Textilindustrie Kambodschas sind rund 650.000 Menschen beschäftigt. 400.000 von ihnen nähen für internationale Modemarken wie Gap, Nike oder H&M. Die Textilindustrie ist die wichtigste Devisenquelle für das Land.

Mittlerweile sind fast alle Beschäftigten der rund 500 Kleidungsfabriken im Streik. Neben der geringen Bezahlung leiden sie auch unter den meist katastrophalen Arbeitsbedingungen. Wie auch in Bangladesch sind die Fabriksgebäude oft schwer baufällig - und es ist schon lebensgefährlich sie zu betreten.

Regime in Angst

Die Textilarbeiter werden von der Opposition unterstützt. Diese hat zu Protesten gegen die Regierung aufgerufen hat, weil sie nach ihren Angaben bei der Wahl im Juli um mehr als zwei Millionen Stimmen betrogen worden ist.

Die Proteste dauern nun schon zwei Wochen an. Zuerst sind die Sicherheitskräfte nicht eingeschritten. Gestern haben sie dann das erste Mal begonnen, auf die Arbeiter zu schießen.

Der autoritär regierende Ministerpräsident Kambodschas, Hun Sen, lässt wohl auch deshalb so hart gegen den Protest vorgehen, weil sich die Demonstranten auch an der Protestbewegung im benachbarten Thailand orientieren. Und so weit wie dort will er es wohl nicht kommen lassen.