Davos: Ungleichheit künftig größte Gefahr

Das Weltwirtschaftsforum in Davos versucht immer, auch ein "Thermometer" für die nächsten Krisen zu sein. Dieses Jahr war der Bericht eindeutig: Die größte Gefahr ist die wachsende Ungleichheit, sowohl innerhalb einzelner Länder als auch weltweit. In Davos wurde gestern diskutiert, ob diese wachsende Ungleichheit und der Einfluss des Geldes vielleicht auch schon die Demokratie gefährden.

Morgenjournal, 25.1.2014

Ökonomische kann zu politischer Ungleichheit führen

Von einer Demokratie erwarten wir, dass alle Menschen gleichermaßen vertreten werden. Ngaire Woods, Politikwissenschaftlerin der Universität, fragt aber, was mit den Grundrechten passiere, wenn immer weniger Leute immer mehr Geld haben: "Können die Reichen die Politiker kaufen, die sie wollen, die besten Anwälte kaufen und jeden Prozess gewinnen? Können sie Organisationen gründen, die nur ihre Anliegen vertreten? Und können sie Fernsehstationen und Zeitungen kaufen?"

Darauf möchte Joseph Stiglitz, Ökonom der Universität Columbia, nur eines sagen, nämlich vier Mal "Ja". Stiglitz ist der Autor eines vielgelesenen Artikels, der ein berühmtes Zitat von Abraham Lincon abwandelt: "Lincoln sprach von einer Regierung für die Bürger, von den Bürgern, durch die Bürger. Ich schreibe von einer Regierung für die ein Prozent, von den ein Prozent und durch die ein Prozent." Ökonomische Ungleichheit könne sehr leicht zu politischer Ungleichheit führen, so Stiglitz, es könne leicht passieren, dass bestimmte Gruppen überrepräsentiert sind und andere unterrepräsentiert.

USA: Unbegrenzte, anonyme Wahlkampfspenden möglich

Kenneth Rogoff von der Universität Harvard greift eine ganz kleine Gruppe heraus: "Ich möchte nicht vom einen Prozent sprechen, sondern von 0,01 Prozent. Riesige Geldmengen werden in den USA vererbt, ohne besteuert zu werden. Es ist schwer zu glauben, dass das nicht mit politischem Einfluss zusammenhängt."

Der Historiker T.J. Stiles sieht nicht so sehr Einzelpersonen als große Konzerne als spezifisch US-amerikanische Player. Fast alle sind inzwischen global aufgestellt und können Gesetzen, die sie nicht mögen, ausweichen, und inzwischen sind in den USA unbegrenzte Wahlkampfspenden erlaubt.

Armut beeinflusst Bildung und Gesundheit

Die größte Gefahr der wachsenden Ungleichheit sehen die Diskutanten darin, dass sie vererbt wird. Die öffentlichen Schulen sind schlecht und die guten unerschwinglich. Vom Amerikanischen Traum, dass nach zwei Generationen alle aufgestiegen sind, ist wenig übrig.

Noch ein Thema spricht Ken Rogoff an, nämlich die Epidemie der Fettleibigkeit. Auch sie hat mit Geld und Bildung zu tun: "Fehlernährung und das Wissen darüber sind ein unglaubliches Problem. Beim Lobbying sind die Nahrungsmittelkonzerne ganz vorn dabei, sie werben ungehindert für ungesunde Produkte, die schon Kleinkinder krank machen, und das ist keine Kleinigkeit."

Obwohl bei dieser Diskussion nur über die USA gesprochen wurde, kann man wohl vieles davon auch für Europa ableiten.