Niederlande: Wilders wirbt für EU-Austritt

Die Rechtsparteien in Europa rüsten für die EU-Wahl im Mai. Im nächsten Europaparlament wollen sie sich zu einer gemeinsamen Fraktion zusammenschließen. Einer der besonders Umtriebigen ist dabei der Niederländer Geert Wilders. Sein Ziel ist allerdings der "Nexit", der Austritt der Niederlande aus der EU. Eine von Wilders in Auftrag gegebene Studie sagt dem Land für diesen Fall eine rosige Zukunft voraus.

Mittagsjournal, 8.2.2014

"Freiheit von Brüssel"

Nur Sieger sieht der Rechtspopulist Wilders, wenn die Niederlande die EU verlassen. 10.000 Euro jährlich mehr Einkommen für jeden Haushalt, einen Schub für die Wirtschaft und Ersparnisse im Staatshaushalt, prophezeit die Untersuchung des britischen Wirtschaftsforschungsunternehmens Capital Economics dem begeisterten Wilders.

Die Gründe für diesen Höhenflug sind schnell erklärt. Die Niederlande müssten nichts ans EU-Budget abführen und nichts für die Unterstützung der schwachen Südländer ausgeben. Die Wirtschaft wäre frei von Brüsseler Reglementierungen. In zehn Jahren wäre sie sogar um zehn Prozent größer als heute, sagen die Studienautoren des Londoner Instituts, Capital Economics. "Unser Ministerpräsident sagt immer, dass beim 'Nexit' Rotterdam zum toten Hafen würde, dass die Arbeitslosigkeit steigt und die Niederlande abgeschottet wären. Diese Studie zeigt, dass er lügt."


Auch Ersparnisse im Sozialsystem führt Wilders ins Treffen, weil das Land dann keine EU-Bürger ohne Job mehr aufnehmen müsste. Über die Wirtschaftskraft, die Zuwanderer bringen, oder über die Vorteile des gemeinsamen Marktes sagt die von ihm in Auftrag gegebene Untersuchung nichts.

Europa-Skepsis wächst

Capital Economics hat sich schon früher mit Euro-Austritts-Szenarien beschäftigt. Von einem britischen Unternehmer aus dem Lager der Tories hat das Institut dafür sogar einen Wirtschaftspreis erhalten. Andere Ökonomen halten die Untersuchung allerdings für Wunschdenken. Auch der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem verwehrt sich dagegen, die Studie ernst zu nehmen: "Da wird eine politische Meinung durch einen bestellten Bericht bestätigt. Wir wickeln einen Großteil unseres Handels innerhalb der EU ab. In Europa sind wir ein wirtschaftlich starkes Land. Ich arbeite dafür, dass das so bleibt und nicht für irgendwelche verrückten Szenarios."

Die Regierung kann Wilders allerdings nicht ignorieren. Die Europa-Skepsis wächst. Viele Bürger geben den strengen Budgetauflagen der EU die Schuld daran, dass die Niederlande seit Jahren nicht aus der Krise finden. In den Umfragen ist die Freiheitsparte von Geert Wilders die stärkste Kraft - nur knapp schwächer als die beiden Regierungsparteien der Liberalen und Sozialdemokraten zusammen.
Eine Euro-Austrittskampagne hat der früher als Anti-Islam-Kämpfer bekannte Wilders schon vor der letzten Parlamentswahl im September 2012 begonnen. Damals hat er damit allerdings Schiffbruch erlitten.

Vor der EU-Wahl im Mai versucht er es wieder. Und er betreibt die europaweite Kooperation der Rechtsparteien - darunter die FPÖ und der französische Front National. Sie alle sollen sich im nächsten Europaparlament zu einer Fraktion zusammenschließen. Wie das mit dem angestrebten EU-Austritt zusammen passt, bleibt vorerst Wilders' Geheimnis.