Ein ORF-Standort: Gegenstimmen
Der ORF als größtes Medienunternehmen des Landes stellt die Weichen für die digitale Zukunft. Gestern ist im Stiftungsrat der Grundsatzbeschluss für den zentralen Wiener Standort auf dem Küniglberg gefallen, wo bisher nur das ORF-Fernsehen seinen Sitz hatte. Um insgesamt 300 Millionen Euro soll dort auch Platz für die Radiosender Ö1, Ö3 und FM4 sowie ORF.at geschaffen werden, in einem integrierten Newsroom als Herzstück. Das bedeutet das Ende für das Funkhaus. Und dagegen regt sich Kritik, auch nach dem Beschluss. Das Management macht sich jetzt an die Überzeugungsarbeit.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 7.3.2014
Kündigungen befürchtet
Kurze Wege, genug Zeit und Personal für Recherchen, eine starke Bindung von Redakteuren und Publikum an den Sender - das mache ein gutes Programm aus, das der ORF dem Publikum bieten müsse. Und all das werde durch den zentralen Standort Küniglberg gefährdet, hat der Redakteursrat schon vor dem Grundsatzbeschluss gewarnt. Durch den Zusammenschluss der Redaktionen von TV, Radio und Online drohe überdies die Breite der Berichterstattung verloren zu gehen, ein journalistischer Einheitsbrei wäre die Folge.
Noch drastischer die Kritik von Zentralbetriebsratsobmann Gerhard Moser, ein Radiomann, der beim Standortbeschluss im Stiftungsrat eine der nur drei Gegenstimmen abgegeben hat und also haushoch unterlegen ist: er müsse die Entscheidung zur Kenntnis nehmen. Er warne aber davor, dass trotz vollmundiger Beteuerungen von Generaldirektor und kaufmännischem Direktor, man sich auf Personalabbau einstellen müsse. Der trimediale Newsroom werde eine journalistische Legebatterie. Historisch gewachsene Sendermarken und Identitäten wie Ö1 und Ö3 und FM4 würden beschädigt.
Moser glaubt der ORF-Geschäftsführung nicht, die im Stiftungsrat versprochen hat, keine betriebsbedingten Kündigungen wegen der Zusammenführung der Standorte zu machen. Das war ein Zugeständnis an Mosers Betriebsratskollegen im Stiftungsrat, die den Beschluss mitgetragen haben. Ein Zugeständnis an die Kulturschaffenden ist, dass das Funkhaus vielleicht doch nicht zur Gänze verkauft wird. Und der Stiftungsrat hat sich auch dazu bekannt und das Management aufgefordert, die Marken des ORF wie Ö1 und Ö3 zu stärken und die Vielfalt in der Berichterstattung zu wahren. Wie das an einem zentralen und integrierten Standort funktionieren soll, ist nicht nur dem Zentralbetriebsratsobmann unklar.
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