Wes Anderson: Grand Budapest Hotel
Der US-amerikanische Filmemacher Wes Anderson zählt zu den unverwechselbarsten Stimmen im Gegenwartskino. Skurrile Exzentriker mit schwierigen Biografien bevölkern seine Filme und sorgen für absurde Pointen und überraschende Wendungen. Das gilt für sein oscar-nominiertes Familienepos "Die Royal Tenenbaums" genauso wie für seinen neuen großen Wurf "Grand Budapest Hotel".
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 7.3.2014
Es sind immer abgeschlossene Schauplätze wie eine alte Stadtvilla,ein Unterseeboot oder eine abgelegene Insel, in denen Wes Anderson seine Geschichten ansiedelt. Für seine neue Komödie hat er nicht nur ein märchenhaftes Jugendstilhotel, sondern ein ganzes Land aus der Taufe gehoben. Die Atmosphäre in dieser fiktiven Republik Zubrowka zitiert dabei spielerisch den Wiener Alltag vor dem Ersten Weltkrieg.
"Das war eine kulturell unglaublich blühende Epoche. In Stefan Zweigs Beschreibung Wiens in seinem Erinnerungsband "Die Welt von gestern" kommen fast nur Dichter, Komponisten, Dramatiker und Künstler vor. Sie waren die damaligen Rock-Stars von Wien. Damit hatte ich eine Menge Material, das ich für meinen Film stehlen konnte, sagt Wes Anderson.
"Grand Budapest Hotel" spielt allerdings in den 1930er-Jahren und die Hauptfigur ist der hochcharmante Concierge Monsieur Gustave, der seine Gäste und da besonders ältere Witwen nach Strich und Faden verwöhnt. Dafür wird der, von Ralph Fiennes, dargestellte Lebemann von den alten Damen gerne als Erbe eingesetzt. Als eine von ihnen plötzlich stirbt, gerät Monsieur Gustave allerdings unter Mordverdacht.
Fundgrube Görlitz
Wes Anderson hat sich nicht nur bei Stefan Zweig bedient, sondern auch zahlreiche Recherchereisen unternommen. In Wien hat er das Hotel Imperial besucht und die Konditorei Demel, der er im Film ein zuckersüßes Denkmal setzt. Mit dem fertigen Drehbuch in Händen machte sich Anderson dann auf die lange Suche nach dem perfekten Drehort.
"Schließlich wurden wir in Görlitz fündig, einer Stadt, die halb in Deutschland und halb in Polen liegt. Dort entdeckten wir ein leer stehendes Jugendstil-Kaufhaus aus dem Jahr 1907. In diesem imposanten Bau errichteten wir unser Grand Budapest Hotel. Und dann kam uns der Zufall ein weiteres Mal zu Hilfe. Wir suchten nämlich noch ein altes Thermalbad und wollten schon im Budapester Gellertbad drehen, als wir direkt in Görlitz, keine fünf Minuten von dem Kaufhaus entfernt, ein verfallenes Thermalbad entdeckten, das für unsere Zwecke genau richtig war", erzählt Anderson.
Funkensprühende Dialoge und bunte Interieurs
Neben der Literatur, lässt Anderson sich auch von der Filmgeschichte inspirieren. So hat er, wie er offen zugibt, eine Szene aus Alfred Hitchcocks "Der zerrissene Vorhang" Einstellung für Einstellung abgekupfert. Aus diesen Versatzstücken baut Anderson aber ein ganz eigenständiges Universum. Dafür und für den unverwechselbaren Tonfall seiner Filme lieben ihn auch die Schauspieler und so stehen die Stars Schlange noch für die kleinsten Nebenrollen. Jude Law findet sich da ebenso in der endlos langen Besetzungsliste wie Bill Murray oder Harvey Keitel, der gemeinsam mit Monsieur Gustave im Gefängnis einsitzt.
Funkensprühende Dialoge und märchenbunte Interieurs, ein nostalgisches Schwelgen in der Vergangenheit und skurrile bis aberwitzige Figuren: Mit "Grand Budapest Hotel” schießt Wes Anderson nicht nur ein ganzes Feuerwerk an Ideen ab, sondern schafft es auch noch, sie alle unter einen Hut zu bringen.