Bibelkommentar zu Matthäus 17, 1 - 9

Sprichwörtlich ist es bis heute geblieben, das Taborerlebnis. Sternstunden im Leben des Menschen, in denen etwas Großes, Ungeahntes aufbricht.

Ein Taborerlebnis bietet Nährstoff und Wegzehrung für lange Zeit. Es vermag durch viele dunkle Stunden des Lebens hindurch zu tragen. Nicht von ungefähr ist diese Textstelle in der katholischen Kirche für die Fastenzeit vorgesehen.

Alle drei synoptischen Evangelien, Matthäus, Markus und Lukas, berichten von der Verklärung Jesu auf dem Berg, den die Tradition von jeher auf dem Tabor angesiedelt hat. Auch Petrus, einer der drei Augenzeugen, schreibt in seinem zweiten Brief über das Erlebnis, das ihm die Macht und Größe Jesu Christi leibhaftig vor Augen geführt hat, als er die "Stimme vom Himmel" hörte, als er mit Jesus auf dem heiligen Berg war.

Wer Israel besucht hat, kennt den atemberaubenden Ausblick von der Höhe des Tabor.

Was geschieht vor den Augen der drei Männer? Mose und Elija, die größten Propheten des sogenannten Alten Bundes, erscheinen als leuchtende Gestalten und reden mit Jesus, der selbst ganz in Licht verwandelt ist. Eines der "Markenzeichen" Gottes ist in der Bibel das Licht. Unzählige Stellen im Alten wie im Neuen Testament verweisen darauf. Ich denke an Psalm 104, wo es heißt, "Gott, Du hüllst Dich in Licht wie in ein Kleid." Und der Evangelist Johannes sagt klar und unmissverständlich: Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm. Das Ereignis der Verklärung im Licht auf dem Tabor ist wohl nichts anderes als die Beschreibung einer Theophanie – einer Offenbarung der Gottheit Jesu, dessen Kleider "blendend weiß, wie das Licht" wurden, wie es heißt. Anders ausgedrückt: Er kleidete sich in Licht.

Die drei Jünger sehen Mose und Elija bei Jesus stehen, so beschreibt das Matthäus. Seine Botschaft und die von Markus und Lukas mag sein: Jahrhunderte liegen zwischen den einzelnen Biographien. Für Gott aber ist alles Gegenwart. Die alttestamentlichen Propheten sind da, ganz lebendig, sie reden mit Jesus, sie reden über sein Leiden und seinen Tod, den er in Jerusalem auf sich nehmen wird.

Die im Neuen Testament beschriebene Erfahrung der Verklärung Jesu – und zwar in Gemeinschaft mit den zwei größten Propheten, die im Ersten Testament das Kommen des Messias angekündigt hatten, mag aber auch noch eine andere Botschaft haben - die des Kontinuums, die der Zukunft: Mose, Elija, Jesus – sein Tod und seine Auferstehung.

Das Taborerlebnis wird den Jüngern die Kraft geben, die schweren Stunden des Leidens und Sterbens ihres Meisters durchzustehen und die Zeit des Zweifels zu ertragen, bis sie alles im Licht der Auferstehung sehen können.