Serbien wählt
In Serbien finden morgen vorgezogene Parlamentswahlen statt. Insgesamt bewerben sich 19 Parteien und Gruppierungen um die 250 Parlamentssitze. An den grundsätzlichen Machtverhältnissen wird sich nicht viel ändern, glaubt man den Umfragen - auch wenn die stärkste Partei deutlich zulegen dürfte.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 15.3.2014
Wandlungsfähiger Vucic
Der Sieg der serbischen Fortschrittspartei des stellvertretenden Ministerpräsidenten Alexandar Vucic steht schon jetzt außer Zweifel. Morgen geht es nur um das Ausmaß und damit um die Frage: schafft Serbiens derzeit populärster Politiker die absolute Mehrheit? Die Umfragen geben dem geläuterten 2-Meter-Mann gute Chancen. Er hat sich vom Ultranationalisten zum Pro-Europäer gewandelt, der sein Land in die EU führen will, er hat die Korruption in Serbien bekämpft und will weitere, vermutlich harte Reformen durchziehen. Die Neuwahlen hat er quasi vom Zaun gebrochen, aber damit taktisch bis zur offiziellen Aufnahme der EU-Beitrittsgespräche gewartet. Kritiker werfen ihm einen autokratischen Stil vor und befürchten, dass Serbien sich unter ihm als mutmaßlichem nächsten Ministerpräsidenten ähnlich entwickeln könnte, wie Ungarn. Im Wahlkampf hat Vucic diese Bedenken so zu kontern versucht: Sie können mich attackieren und beschimpfen, auch jeden Tag im Fernsehen, das stört mich nicht. Aber ich werde nicht zulassen, dass Serbien von den Kritikern zerstört wird.
Schon jetzt ist die Fortschrittspartei von Vucic der größere Regierungspartner, doch den Ministerpräsidenten stellen bisher die Sozialisten mit Ivica Dacic. Er kämpft darum, auch künftig in der Regierung zu sitzen, also um den zweiten Platz. Allerdings wird er unter anderem für die schwache Wirtschaftslage mit 25 Prozent Arbeitslosigkeit ebenso verantwortlich gemacht, wie für die Erfolge im Dialog mit dem Kosovo - ein Punkt, den viele Serben gar nicht positiv sehen. Im Wahlkampf versuchte Dacic, klar zu machen, dass es auf jede Stimme für seine Sozialisten ankommt: Wir können Euch nicht helfen, wenn ihr uns nicht wählt. Eure Stimme ist keine Stimme für uns, sondern für Euch selbst.
Zwischen 13 und 15 Prozent der Stimmen sagen die Umfragen den Sozialisten derzeit voraus, alle anderen Parteien und Gruppierungen werden auf weniger als 10 Prozent eingeschätzt. Sie versuchten daher gar nicht erst, die Fortschrittspartei anzugreifen, die viel zu weit voraus liegt, sondern eher die Sozialisten, in der Hoffnung, ein Rennen um den zweiten Platz doch noch gewinnen zu können. Derzeit geht man davon aus, dass die Fortschrittspartei und die Sozialisten nach der Wahl eine stabile Koalition bilden. Die Nagelprobe könnte kommen, wenn harte Wirtschaftsreformen - wie die Schließung von defizitären Staatsbetrieben - tatsächlich in Angriff genommen werden.