Poker um ORF-Gremien

Der ORF ist eine Stiftung öffentlichen Rechts und gehört im Prinzip allen Österreichern. Als Fernseh-, Radio- und Online-Konsumenten werden die Österreicher vom Publikumsrat vertreten, der ihre Interessen waren soll. Die Kontrolle der Geschäftsführung obliegt dem Stiftungsrat - und diese beiden Gremien werden im April neu bestellt. Entscheidungen, die traditionell ihre Schatten vorauswerfen. Und SPÖ und ÖVP pokern auch diesmal wieder um Macht und Einfluss im ORF.

Mittagsjournal, 18.3.2014

Nur formaler Beschluss

Hinter den Kulissen wird schon seit Wochen um einen neuen Bestellungsmodus für sechs von bisher insgesamt 36 Publikumsräten gerungen. Das ist notwendig, weil diese Sechs zuletzt per Fax gewählt worden sind und der Verfassungs-Gerichtshof diesen Modus schon 2011 aufgehoben hat. Die Zeit drängt: Am 7. April wird sich der neue Publikumsrat konstituieren, die Regeln müssen vorher klar sein und sollten eigentlich übermorgen Donnerstag vom Verfassungsausschuss des Nationalrats beschlossen werden. Allein: SPÖ und ÖVP konnten sich noch nicht auf eine entsprechende Novelle des ORF-Gesetzes einigen. Die Koalition setzt jetzt auf Zeitgewinn, am Donnerstag wird nur ein formaler Beschluss gefasst, der im Plenum kommende Woche dann noch einmal abgeändert wird.

Die ÖVP hat ursprünglich vorgeschlagen, auf die betreffenden sechs Publikumsräte komplett zu verzichten - das Gremium wäre also entsprechend kleiner geworden. Doch nicht mit der SPÖ, die dadurch drei Publikumsräte verloren hätte, die ÖVP hingegen nur zwei. Und da der Publikumsrat auch sechs Vertreter in das Machtzentrum - den Stiftungsrat entsendet - sehen manche wohl das ganze Gefüge ins Wanken kommen. Zumal der SPÖ nach dem Einzug von NEOS und Team Stronach in den Nationalrat schon ein Stiftungsrat weniger zusteht. Deshalb wird um die Zuordnung der sechs Publikumsräte gerungen, natürlich hinter verschlossen Türen. Weder von Medien-Minister Ostermayer von der SPÖ, noch von ÖVP-Verhandler Mediensprecher Blümel sind zu dem heiklen Thema derzeit Stellungnahmen zu erhalten.

ORF-Reform abgesagt

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die vor der Wahl versprochene große Reform der ORF-Gremien - schlanker und professioneller sollten sie werden - erst einmal abgesagt ist. Wogegen der ORF-Redakteursausschuss in einem Brief, der heute an die Bundesregierung gegangen ist, protestiert. Schon die ersten Nominierungen für den neuen Stiftungsrat aus Vorarlberg und Kärnten zeigten, wie groß die Gefahr sei, dass die Gremienmitglieder sich mehr den Parteien und Landeshauptleuten verpflichtet fühlten als dem unabhängigen ORF.

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