Entscheidung bei Kommunalwahlen in Frankreich

In Frankreich findet morgen der zweite und entscheidende Durchgang der landesweiten Kommunalwahlen statt. Dabei zeichnet sich eine deutliche Niederlage der regierenden Sozialisten ab. Präsident Francois Hollande dürfte an einer Regierungsumbildung kaum vorbeikommen. Außerdem wird mit Spannung erwartet, ob der rechtsextreme Front National ihre Erfolge aus dem ersten Wahlgang wiederholen kann.

Mittagsjournal, 29.3.2014

Großer Verlust für Hollande?

Die Wangen der französischen Sozialisten sind immer noch rot von den Ohrfeigen, die ihnen die Wähler vergangenen Sonntag im 1. Wahlgang verpasst haben. Es waren Wähler der Linken, die in stiller Wut in unerwartet großer Anzahl einfach zu Hause geblieben waren. Von den Sympathisanten der Sozialisten waren rund 10% weniger an die Urnen gegangen als von den Anhängern der konservativen UMP. Morgen stellt sich für Frankreichs Linke nur noch die Frage: Wie hoch wird die Niederlage wirklich ausfallen?

Im schlimmsten Fall könnte sie 110 Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern verlieren. Das wären 30 mehr als im umgekehrten Fall vor 6 Jahren, als die Konservativen unter Präsident Sarkozy lokal abgestraft wurden. Die Unbeliebtheit von Präsident Hollande und seiner Regierung spielt bei diesen Kommunalwahlen eine weit größere Rolle als erwartet. Die sozialistischen Abgeordneten verhehlen nicht mehr ihren Unmut über den Präsidenten. "Der Präsident wird nicht um eine Erklärung von Angesicht zu Angesicht mit den Franzosen herumkommen. Er verlangt mit seinem Pakt der Verantwortung beachtliche Anstrengungen von der ganzen Nation, das muss er den Franzosen aber erklären", sagt Fraktionssprecher Thierry Medon.

Siegessichere UMP

Die konservative UMP gibt sich siegessicher, träumt - entgegen ihrer bisherigen Erwartungen - von einer "großen blauen Welle in Frankreichs Rathäusern", wie sie es nennt. Parteichef Copé nahm die jüngste Hiobsbotschaft für Hollande, den erneuten Anstieg der Arbeitslosenzahlen um 0,9% auf 3,34 Millionen, zum Anlass um zu sagen: "Die Politik der Linken, ob lokal oder landesweit, besteht darin, mit den Fingern auf die Unternehmen zu zeigen und sie zu kritisieren. Dabei schaffen die Arbeitsplätze. Ihre Sozialpolitik ist nichts anderes als Fürsorge und all das führt zu einer tief greifenden Revolte der Franzosen – das ist die Botschaft des 1. Wahlgangs."

Triumph für Nationale Front?

Die Nationale Front, die gleich im ersten Durchgang die nordfranzösische Stadt Henin Beaumont erobert hatte, dürfte morgen Abend in einem halben Dutzend weiterer Städte den Bürgermeister stellen. In 17 Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern, hauptsächlich im Süden, lag sie nach dem ersten Durchgang in Front.

Parteichefin Le Pen, die von der Nationalen Front jetzt als Regierungspartei spricht, die weder links noch rechts sei, gab sich die Woche über ausgesprochen gemäßigt und schlüpfte in die Rolle des Wolfs im Schafpelz, mit Blick auf die Städte, die künftig von ihre Partei verwaltet werden: "Wir wollen in den Städten keine ideologische Politik betreiben und die Irrtümer der 90-er Jahre wiederholen, das wäre eine Politik der Vergangenheit."

Die Höhe der Niederlage der französischen Sozialisten morgen Abend wird ganz entscheidend davon abhängen, ob die linken Wähler sich in diesem zweiten Wahlgang nicht doch noch einmal verstärkt mobilisieren. Ab Montag stellt sich dann die Frage: Wie, unter anderem mit welcher Regierungsumbildung, reagiert Präsident Hollande auf die angekündigte Wahlniederlage?