Zulauf zu Front National erwartet
In Frankreich findet morgen in über 36 000 Gemeinden der erste Durchgang der Kommunalwahlen statt. Fast zwei Jahre nach der Wahl des Sozialisten Francois Hollande zum Staatspräsidenten ist es der erste echte Stimmungstest für Frankreichs Linke. Und die anderen Frage ist, wie stark die rechtextreme Nationale Front von Marine Le Pen sein wird.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.3.2014
Klima des Misstrauens
Es sind Wahlen, die in einem politischen Klima stattfinden, in dem Ex-Präsident Sarkozy, in zahlreiche Affären verwickelt, in denen die Justiz ermittelt- den politischen Gegner der Verschwörung gegen ihn bezichtigte, zwei Tage vor der Wahl, per offenem Brief an alle Franzosen, in der Tageszeitung Le Figaro. Die Sozialisten nannten diesen Brief, in dem Sarkozy ihnen Stasimethoden vorwarf, unerträglich, ja einen verbalen Staatsstreich. Nicht unbedingt ein Klima, das dem befürchteten Rückgang der Wahlbeteiligung um zehn Prozent auf nur noch 55 von Hundert entgegenwirken könnte. Der Politologe, Jean Yves Camus: "Alle Parteien außer der Nationalen Front fürchten die Nichtwähler. Die Nationale Front nicht, weil ihre Wählerschaft auf jeden Fall mobilisiert ist. Ihre Wähler sind enttäuscht von der Linken oder den traditionellen Konservativen. Und das ganz besonders vergiftete Klima der letzten Wochen und Monate, mit Affären, die beide politische Lager betroffen haben, wird ein gewisses Misstrauensvotum nur fördern."
Rechtsextreme Bürgermeisterhoffnungen
Die Nationale Front tritt in knapp 600 ausgewählten Städten und Gemeinden an , in denen Marine Le Pen bei der Präsidentschaftswahl 2012 über 25 Prozent der Stimmen erreicht hatte. Sie hofft landesweit auf mehr als 1000 Gemeinderatsmitglieder – zur Zeit hat sie nur 65 – und darauf, in einem knappen Dutzend Städten den Bürgermeister zu stellen - auch in der 160.000 Einwohnerstadt Toulon, wo Marine Le Pen ihren letzten Wahlkampfauftritt hatte: "Stimmen Sie für eine echte Oppositionspartei, treffen Sie eine echte patriotische Wahl! Frankreich erwartet viel von denen, die es wirklich lieben. Und wir werden überall für Frankreich da sein. Es lebe Toulon, die Republik und Frankreich!"
Die Nationale Front wird in über 100 Städten ihre Kandidaten auch im zweiten Wahlgang aufrecht erhalten können, wovon am Ende bei drei Kandidaten meistens die Sozialisten profitieren. Die werden landesweit zwischen 30 und 50 Städte mit mehr als 30.000 Einwohnern an die Konservativen verlieren. Die Rede ist u.a. von Reims , Angers, Metz, Straßburg und vielleicht auch Toulouse. Paris jedoch, wo in jedem Fall eine Frau Stadtoberhaupt wird, werden sie mit ziemlicher Sicherheit behalten.
Die größte Aufmerksamkeit wird morgen Abend und vor allem in einer Woche bei der Stichwahl Frankreichs zweitgrößte Stadt, die Mittelmeermetropole Marseille genießen, die von wirtschaftlichen Problemen und Kriminalität geplagte Stadt, wo nach 19 Jahren der bereits 74-jährige, konservative Bürgermeister noch einmal antritt. Sollte es den Sozialisten gelingen, Marseille erneut zu erobern, würde dies ihre angekündigte, landesweite Niederlage beträchtlich mildern.