Schnelleres Internet: EU gegen zwei-Klassen

Dürfen Internetanbieter bestimmten Datenpaketen Vorrang geben? Derzeit ist das gängige Praxis, sagt die EU-Kommission. Sie behauptet, mit einem neuen Gesetzesvorschlag, der heute Nachmittag im EU-Parlament abgestimmt wird, dem ein Ende zu setzen. Eine Mogelpackung, sagen Kritiker. Denn der Kommissionsvorschlag garantiere zahlungskräftigen Kunden auch weiterhin bevorzugte Behandlung.

Neelie Kroes

Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitalen Agenden

EPA/STEPHANIE LECOCQ

Mittagsjournal, 3.4.2014

Vorrang für "spezielle Dienste"

Eine Überholspur auf der Datenautobahn im angeblich so neutralen Internet? Netzanbieter, die Anwendungen wie Skype oder Whatsapp so langsam machen, dass sie praktisch lahm gelegt sind? Alles keine Ausnahmen. Denn die Neutralität des Netzes ist oft mehr Theorie als Praxis. Wenn etwa Anbieter behaupten, die nötige Kapazität nicht zur Verfügung stellen zu können.

Die EU-Kommission will das ändern und stößt mit ihrem Vorschlag dennoch auf Widerstand der Netzgemeinde. Denn neben dem offenen Netz soll es doch noch bevorzugte Datenpakete - sogenannte spezielle Dienste geben. Die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes: "Es ist für diese speziellen Dienste nie möglich, den Platz des offenen und für jeden garantierten Netzes zu belegen. Spezielle Dienste sind für Innovationen nötig. Aber dass Netflix oder Google den Platz belegten - das wird es nicht geben."

Angst vor Monopolen

Kritiker befürchten aber genau das. Die Platzhirschen im Netz, die sich einst im freien Raum entwickelt haben, könnten mit ihrer Finanzkraft jetzt ihre Sonderstellung absichern, sagt der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer: "Das ist so, wie wenn die ASFINAG BMW die Überholspur überlässt - das will niemand. Da habe ich dann eben den Filter über die potenten, über Geldmittel verfügenden Firmen, und dann haben wir irgendwann Monopole."

EU-Kommissarin Neelie Kroes fühlt sich missverstanden. Spezielle Dienste mit Vorrang soll es etwa für IPTV geben, oder für die Kooperation von Spitälern, wenn der zugeschaltete Spezialist aus der Ferne die Anweisungen zur Operation gibt: "Lest den Gesetzestext und ihr werdet sehen, dass ich die vehementeste Verfechterin des offenen Netzes bin."

Am Ende wird es um die Frage gehen, wie eng die sogenannten speziellen Dienste definiert sind oder wieviel Spielraum zur Interpretation den Anbietern bleibt. Entsprechende Änderungsanträge für den Gesetzestext liegen im Europaparlament. Abgestimmt wird heute Nachmittag. Dann fehlt auch noch die Zustimmung der EU-Staaten. Die werden frühestens Ende des Jahres entscheiden.

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