Algerien vor Präsidentenwahl

In Algerien wird am kommenden Donnerstag das Staatsoberhaupt gewählt. Der 77-jährige Staatschef Abdelaziz Bouteflika gilt dabei trotz schwerer Gesundheitsprobleme als Favorit. Sein einziger ernstzunehmender Herausforderer ist der frühere Regierungschef Ali Benflis. Amnesty International hat im Vorfeld der Präsidentenwahl in Algerien massive Einschränkungen der Meinungsfreiheit beklagt.

Mittagsjournal, 14.4.2014

Widerstand gegen Bouteflika groß

Diesen Donnerstag finden in Algerien Präsidentenwahlen statt und es sieht ganz danach aus, als würde Algeriens Langzeit-Präsident Abd Al-Aziz Bouteflika auch ooch ein viertes Mal gewählt werden. Und das Obwohl der 77-Jährige nach einem Schlaganfall im vergangenen Jahr gesundheitlich schwer angeschlagen ist während seines Wahlkampfes nur zwei Mal öffentlich aufgetreten ist, für wenige Minuten im Fernsehen. Der Widerstand gegen die Kandidatur von Bouteflika in Algerien ist groß. Besonders die junge Bevölkerung will endlich einen Wechsel an der Spitze des Staates und ein Ende von Misswirtschaft, Korruption und Zensur und macht nicht nur auf der Straße, sondern auch im Internet ihrem Ärger und ihrer Frustration Luft.

Jugend will Wechsel

Bouteflika - ruh dich doch endlich aus, singt der algerische Rapper Anes Tina in seiner Botschaft an den Präsidenten. Und er spricht damit der algerischen Jugend aus der Seele. Mehr als 400.000 Mal wurde sein Lied auf der Videoplattform Youtube bereits angehört.

Mit dem 77-jährigen Bouteflika, der bereits zum vierten Mal Präsident werden will können die algerischen Jugendlichen nichts anfangen. Nicht nur deshalb, weil man seit Bouteflikas Schlaganfall im Vorjahr so gut wie nichts über den Gesundheitszustand des Langzeit Präsidenten weiß. Algeriens Jugend will sich gegen Korruption, Arbeits-und Perspektivenlosigkeit und mediale Zensur im Land wehren und nutzt das Internet um sich Gehör zu verschaffen. Die Auftritte im Web schließen vor allem vor den Wahlen große Informationslücken, sagt der algerische Blogger Abdou Semmar: Die Blogger in Algerien sind Akteure des Wandels, wir wagen es Dinge anzusprechen, die in den klassischen Medien nicht vorkommen. Es gibt in der Meinungsfreiheit gewisse rote Linien, die man nicht überschreiten darf. Einige Internetaktivisten sind verfolgt worden ihre Seiten sind gehackt worden. Deswegen verstecken sich viel Aktivisten im Internet hinter einer falschen Identität.

Bewegung im Internet

Mitte März haben die algerischen Behörden einen privaten Fernsehsender der Opposition verboten. Die Berichterstattung war zu kritisch. In einem Land in dem 70 % der Bevölkerung jünger als 30 Jahre alt sind, machen die jungen jetzt kurzerhand selbst fernsehen. Hunderttausende verfolgen die humorvollen, sarkastischen Videos die oft im eigenen Wohnzimmer gefilmt werden.

Auch Protestgruppen nutzen den Auftritt im Internet um zu Demonstrationen aufzurufen. Die größte Gruppe heißt Barakat – auf deutsch „Es reicht“. Massimo Amazigh ist Teil der Barakat-Bewegung: Barakat ist nicht nur gegen die Wiederwahl von Bouteflika, sondern gegen das gesamte politische System. Allein dieses Wochenende haben wir Demonstrationen in 5 verschiedenen Städten organisiert. Unsere Facebook Seite ist die Wichtigste Verbindung zwischen den Organisatoren und den Demonstranten. Dass sich die Regierung vor den Bewegungen im Internet fürchtet, hat sie schon zweimal gezeigt:

Vor den vergangenen Wahlen 2009 und auch 2011 wurden Internetzugänge einfach gesperrt. Und trotzdem kommentierte der Sprecher des algerischen Präsidenten Bouteflika die Rolle der Sozialen Netzwerke vor kurzem nur lapidar: es sei ja nicht Facebook oder das Internet, die zur Wahl gehen würden.

Dass die Wahlen in Algerien fair ablaufen werden, glaubt Massimo Amazigh der Gruppe Barakat nicht: Die Regierung rund um Bouteflika bezahlt die Menschen, damit sie zu den Wahlveranstaltungen gehen und sie werden sie auch bezahlen, damit sie für Bouteflika stimmen.

Bei den letzten Wahlen 2009 hat gerade einmal ein Viertel aller Algerier gewählt. Dieses Mal könnte die Wahlbeteiligung noch darunter liegen. Denn nicht nur die Jugend Algeriens fragt sich wie der schwerkranke Bouteflika auch noch eine vierte Amtszeit regieren soll. Viele junge Algerier wollen von der Wahl nichts wissen und verlassen das Land in Motorbooten Richtung Europa. Eine Gruppe von Haraga – so nennt man die algerischen Bootsflüchtlinge - schicken vom Meer einen Gruß per Videobotschaft nach Algerien: Behalt doch deine vierte Amtszeit Bouteflika - und auf Wiedersehen du armes Algerien.