Chinas stille Armee erobert den Westen
Der große Beutezug
China ist zur Weltfabrik geworden. Der chinesische Bedarf an Rohstoffen ist in den vergangenen Jahrzehnten daher rasant gewachsen. Doch Chinas ökonomische Expansion geht viel weiter. Es ist dabei, wirtschaftlich unseren gesamten Planeten zu erobern.
8. April 2017, 21:58
China ist omnipräsent. Und die europäische Wirtschaftskrise hat dazu geführt, dass die Chinesen sich auch im Abendland immer erfolgreicher etablieren können: So lassen sich die zwei Grundthesen des vorliegenden Buchs, der beiden spanischen Journalisten Juan Pablo Cardenal und Heriberto Araújo, kurz zusammenfassen.
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Schätzen Sie einen guten Bordeaux, dann überrascht es Sie vielleicht, dass chinesische Investoren 2010 und 2012 einen Großteil ihrer Geldanalagen in den Anbau dieser hochwertigen Weine tätigten und mehr als zwei Dutzend Schlösser und Weingüter erwarben.
Das schreiben Juan Pablo Cardenal und Heriberto Araújo und begeben sich von Südfrankreich weiter nach Italien.
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Wenn Sie sich mehr für die Welt der Haute Couture interessieren, wissen Sie wahrscheinlich, dass sich wohlhabende Bekleidungsindustrielle aus China längst auch in der Toskana unter dem Label "made in Italy" breit machen.
Selbstverständlich haben es die Chinesen nicht bei Edelweinen und Haute Couture belassen. Der griechische Hafen Piräus, die britischen Wasserwerke Thames Water, der Londoner Flughafen Heathrow, das französische Unternehmen für Satellitenkommunikation Eutelsat und der deutsche Motorenhersteller Kion sind nur einige weitere Unternehmen, in die Chinesen investiert haben.
Wenn von China oder Chinesen die Rede ist, können dabei chinesische Staats- oder Privatunternehmen, aber auch chinesische Staatsfonds gemeint sein.
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Für China wird Deutschland zu einer Goldgrube, in der es sich in den Bereichen bedienen kann, in denen deutsche Firmen weltweit führend sind: Technologie, Know-how und Markenprodukte.
Die Folgen sind absehbar: Chinesische Unternehmen werden in immer mehr Bereichen zu harten Konkurrenten für europäische Firmen werden. Dies wird insbesondere auch die Existenz von mittelständischen und Familien-Unternehmen im europäischen Raum gefährden. Aber auch für die großen Konzerne wie Siemens oder AREVA stellt China eine Herausforderung dar.
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Denn ihre technologische Vormachtstellung wird derzeit durch neue Methoden der Industriespionage bedroht.
Schreiben Juan Pablo Cardenal und Heriberto Araújo, die für spanische und französische Medien über China berichten. Cardenal lebt in Hongkong, Araújo in Beijing. Für das vorliegende Buch haben sie ihre Recherchen ausgeweitet und im Lauf von zwei Jahren 25 Länder besucht, um dort den Einfluss von China zu untersuchen. Das Ergebnis ist ein spannendes, aber zugleich zutiefst beunruhigendes Werk.
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Während die Welt denkt, dass China immer westlicher wird, wenn es den Prozess der wirtschaftlichen Öffnung fortsetzt, passiert in Wirklichkeit genau das Gegenteil: Die Welt wird "sinisiert".
Damit sind Arbeits- und Umweltstandards ebenso gemeint wie Geschäftspraktiken und Unternehmenswerte.
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Der Westen möchte der Welt sein eigenes System aufzwingen. Er will eine Agenda durchsetzen, die auf Menschenrechten und Demokratie beruht. Wir aber fragen uns, warum wir uns nach einem Modell richten sollten, das vielleicht schon aus der Mode ist.
Zitieren die Autoren einen chinesischen Gesprächspartner. Der Westen, meinen die Autoren zuversichtlich, sei zumindest in diesem Bereich geschützt.
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Europa besitzt ein stabiles System an Gegenkräften und eine Gewaltenteilung, welche eine Kontrolle der Tätigkeiten ausländischer und einheimischer Firmen garantiert.
Ob diese Kontrolle ausreicht, sei dahin gestellt. Als Folgewerk zu diesem Buch würde man sich jedenfalls eines wünschen, das die europäische Seite genauer untersucht: Inwieweit beschäftigen sich europäische Politiker ernsthaft mit dem Phänomen China? Wer kalkuliert die möglichen Risiken, die Chinas Expansion im Westen längerfristig mit sich bringen könnte?
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Liegt nicht der Schluss nahe, dass das asiatische Land auf dem besten Weg ist, den heutigen Status quo zu ändern und die Grundlagen für eine neue Weltordnung zu legen? Vielleicht ist es noch zu früh, um diese Frage endgültig zu beantworten. Doch es besteht kein Zweifel daran, dass heute auf der ganzen Welt das ohrenbetäubende Donnern der tektonischen Verschiebungen zu hören ist, die der Aufstieg Chinas verursacht.
Bei seiner Expansion stützt sich das Reich der Mitte auf ein Heer an chinesischen Billigarbeitskräften, die bereits in anderen Teilen der Welt leben oder nun dorthin gehen. Ob Venezuela oder Turkmenistan, Mosambik oder Indien – überall hegt China große Ambitionen.
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Ein weiteres Beispiel für eine strategische Investition Chinas im Ausland ist ein 1,4 Milliarden teures Infrastrukturprojekt, das gegenwärtig in Argentinien von dem chinesischen Staatsunternehmen Beidahuang State Farms realisiert wird. Beidahuang ist Chinas führender Sojaproduzent, In Argentinien geht es um die Erschließung einer Fläche von 320.000 Hektar, die gegenwärtig noch nicht nutzbar ist. Beidahuang wird investieren, um das Land zu bewässern und nutzbar zu machen. Ein wichtiger Teil des Geldes fließt in die Modernisierung des Hafens von San Antonio Este, für den China 9n den kommenden 50 Jahren ein Nutzungsrecht hat.
Auch in der indischen IT-Metropole Bangalore ist China präsent. Der Telekommunikationsausrüster Huaiwei führt dort sein größtes Forschungs- und Entwicklungszentrum außerhalb der Volksrepublik. Huaiwei werden aber immer wieder Beziehungen zum chinesischen Militär nachgesagt. Angesichts des getrübten Verhältnisses zwischen Delhi und Beijing haben die Expansionspläne von Huaiwei daher in Indien zu heftigen Debatten geführt.
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China ist fest entschlossen, in diesem neuen Jahrhundert den Status einer Supermacht wiederzuerlangen, den es bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts viele Hundert Jahre innehatte.
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Juan Pablo Cardenal und Heriberto Araújo, "Der große Beutezug: Chinas stille Armee erobert den Westen", Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm und Karin Miedler, Carl Hanser Verlag, München 2014