Richter: Scheidung ohne Verschulden

Das Verschuldensprinzip bei Scheidungen soll abgeschafft werden. Das fordern die Familienrichter. Denn schuld am Scheitern einer Ehe seien in den allermeisten Fällen beide, diese Sicht habe sich in anderen Ländern längst durchgesetzt, nur nicht in Österreich, so die Familienrichter. Sie fordern einen kompletten Umbau des Scheidungsrechts - mit weitreichenden Konsequenzen für Unterhalt und Pensionsansprüche.

Morgenjournal, 22.5.2014

Wie viel Unterhalt man nach einer Scheidung bekommt, das hängt in Österreich immer noch davon ab, wer für das Ende der Ehe verantwortlich gemacht wird, erklärt Barbara Beclin, Professorin für Familienrecht an der Universität Wien.

Nur wer schuldlos geschieden wird, hat Recht auf den vollen Ehegatten-Unterhalt, wenn der Richter eine Schuld an der Zerrüttung festmacht, sagt die Rechtsprofessorin und bringt das Beispiel einer Ehefrau, die sich nach langjähriger zerrütteter Ehe in den Tennislehrer verliebt. Sie steigt ohne einen Anspruch aus. Und zwar auch dann, wenn sie sich jahrelang alleine um die Kinder gekümmert hat und der Mann nie daheim war - eben weil nach wie vor das Verschuldensprinzip gilt. Österreich hinke hier, z.B. auch hinter der Schweiz und Deutschland nach.

Vorbilder Schweiz und Deutschland

Und genau das, also die Abschaffung des Verschuldensprinzips auch hierzulande fordern die Familienrichter vom Justizminister. Der Unterhalt, so die Rechtsprofessorin, müsste dann nach objektiven Kriterien geregelt werden: abhängig von der Dauer der Ehe und der Rollenverteilung wären Pensionsansprüche zu teilen. Ein Pensionssplitting gebe es eben auch schon in Deutschland und der Schweiz.

In Österreich bisher aber eben nicht, geteilt wird bei einer Scheidung nur das angesparte Vermögen, nicht aber die Pensionsansprüche, das müsse sich ändern. Die Idee sei die Rückkehr in die Eigenverantwortung.

Die letzte Eherechtsreform sei bereits 15 Jahre her, so die Familienrichter, die Gesellschaft sei reif, endlich den nächsten Schritt zu gehen.