Die "Café Sonntag"-Glosse von Georg Biron

Das Beste aus zwei Welten!

Mein Publikum glaubt, dass mir das Schreiben Spaß macht: "Dem Biron geht's gut. Der tippt seine erfundenen Geschichten und kriegt dafür auch noch Geld. Was für ein Leben!" ...

Aber: Das Gegenteil ist wahr. Es ist ein Albtraum: die unbezahlten Rechnungen, die gnadenlosen Wünsche meines Sohnes, der Schuhfetischismus meiner Frau. Ich weiß nicht, wie andere Schriftsteller das machen.

Ich muss es jetzt endlich einmal klarstellen ... hier und jetzt ... Die Honorare in diesem Business sind dermaßen in den Keller gefallen, dass ich vom Schreiben alleine schon lange nicht mehr leben kann und mich mit Nebenjobs über die Runden retten muss. Eine Zeit lang habe ich es mit dem Erfinden von Witzen versucht, die ich an eine deutsche Witze-Agentur verkauft habe, aber ich glaube, ein echter Wiener wie ich kann keine Witze für eine deutsche Witze-Agentur erfinden.

Immer wieder fragen mich die Leute, wann ich meine Bücher schreibe. Ob ich mich dafür in ein Kloster zurück ziehe oder in eine Hotelbar? Ob mir buddhistische Meditationen dabei helfen oder der Genuss polnischen Landweins? Das mit dem Schreiben ist nicht so leicht zu erklären, denn ich schreibe seit Jahren "on the road". Ich setze mich aufs Motorrad und fahre los. Und nach spätestens 20 oder 25 Schräglagen pumpt mir das Herz Wort für Wort, Satz für Satz, Seite für Seite, Kapitel für Kapitel aus dem Wirrwarr meiner Seele ins Bewusstsein.

Motorrad fahren ist fast so gut wie Meditieren. Da wird die Fahr-Maschin' zur Schreib-Maschin', und ich muss mich ... nach so einer Reise durch die innere Buchstabensuppe ... zu Hause nur noch hinsetzen und die erfahrene Textstrecke in ein jungfräuliches Word-Dokument tippen. Die besten Formulierungen meines Lebens ... so könnte man sagen ... hat mir der Fahrtwind geschenkt.

Die in Ungarn geborene und jetzt in Berlin lebende Schriftstellerin Terezia Mora scheint mir ganz anders an ihre Texte heranzugehen. Sie hat 1999 den Ingeborg-Bachmann-Preis erhalten und vor kurzem für ihren Roman "Das Ungeheuer" den Deutschen Buchpreis bekommen ... und ich habe den Verdacht, dass sie eine Dichterin ist, die in der Sprache lebt ... genauer gesagt: in zwei Sprachen ... Ungarisch und Deutsch ... sie übersetzt die Bücher anderer ungarischer Autoren ... und sie schreibt eigene Bücher in einer Sprache, die für sie am Anfang fremd war ... an die sie sich erst herantasten musste.

In einem Interview hat sie einmal gesagt: "Ich mache kein Yoga und keinen Triathlon ... sondern übersetze, um fit zu bleiben für das Schreiben." Das ist eine Haltung, die mir gefällt. Und es gibt noch etwas, das diese faszinierende Dichterin mit mir verbindet, denn auch ich habe mir mit zwölf Jahren die Schreibmaschine meiner Mutter "unter den Nagel gerissen" und habe erfundene Briefe an mich selbst geschrieben. Und auch für mich war das ernsthafte Arbeit, denn wenn man mit der Maschine schreibt, dann ist das Resultat irgendwie wichtiger als hingeworfene handschriftliche Notizen.

Und es macht ... ja ... "Es macht richtig großen Spaß ... " sagt Terezia Mora. Das Schreiben ...