Cameron will EU-Reformpläne vorantreiben

Die Töne aus Großbritannien in Richtung EU werden rauer: Premierminister David Cameron legt sich bei der Wahl des Kommissionspräsidenten quer, Spitzenkandidat Jean Claude Juncker ist den Briten zu föderalistisch. Cameron will schnellst möglich einschneidende Reformen in Europa vorantreiben. Innenpolitisch drängt für Cameron die Zeit, nächstes Jahr stehen in Großbritannien Parlamentswahlen an.

Morgenjournal, 31.5.2014

Aus London

Farage: "Alles verrückte Föderalisten"

Es ist höchste Zeit für einen Wandel in Europa, sagten die Briten bei dieser EU-Wahl unmissverständlich. Sie fühlen sich durch den "kontinentalen Verein", wie sie die EU nennen, bevormundet. Der britische Wahlsieger, UKIP-Chef Nigel Farage, ist ausnahmsweise mit Premierminister David Cameron einer Meinung: Jean-Claude Juncker sei der falsche Mann, um die EU-Kommission zu führen, aber im Prinzip sei es egal, wer den Posten bekommt, sagt Farage. Schulz und Verhofstadt seien genauso "verrückte Föderalisten".

Dass Premierminister David Cameron jetzt als Architekt einer neuen Union auftreten will, nimmt ihm Farage nicht ab. Die Forderungen des Premiers nach weniger Bürokratie und Einwanderung, dafür mehr Macht auf nationaler Ebene, um neue EU-Gesetze zu verhindern, seien doch nur Worthülsen, sagt der UKIP-Chef. Alle Parteien würden nach der EU-Wahl so tun, als ob sie die Wähler verstanden hätten – und ändern würde sich gar nichts.

Gute Ideen, die besser verkauft werden müssen

Britische Wirtschaftsvertreter stellen sich hingegen hinter Cameron. Die EU müsse zeigen, dass sie Wachstum und Arbeitsplätze schaffen könne, freier Handel und weniger Bürokratie seien der Schlüssel dazu, sagt Mats Persson, Direktor der Denkfabrik Open Europe. David Cameron könne mit seinen Ideen in Europa den Ton angeben, er habe Verbündete. Die Niederländer diskutierten ein Ende der Zentralisierung in Europa, die skandinavischen Länder forderten mehr Transparenz und Demokratie und auch aus Österreich höre man, dass die EU endlich wieder eine Beziehung zu ihren Wählern herstellen müsse, sagt Persson.

Die britische Art, Verhandlungen zu führen, könnte sich aber als kontraproduktiv herausstellen. Der Direktor der Denkfabrik Open Europe attestiert den Briten einen zu aggressiven Ton, zudem sei das Land selbst extrem polarisiert, wenn es um die EU gehe. In Europa hingegen setze man auf Kompromisse, Debatten würden durch Überzeugungsarbeit gewonnen. Die Briten hätten gute Ideen, müssten sie aber erst richtig verkaufen.