Kämpf um deine Daten
"Kämpf um deine Daten!" lautet der Appell und auch der Titel von Max Schrems' erstem Buch. Max Schrems ist bekannt durch seine Initiative "Europe vs. Facebook", noch besser bekannt als der, der gegen Facebook um seine Daten kämpft.
8. April 2017, 21:58
2011 hat Max Schrems - mittlerweile Jus-Doktorand - beim sozialen Netzwerk Facebook angefragt, welche Daten das US-Unternehmen über ihn gespeichert hat und etliche Datenschutzverstöße von Facebook aufgedeckt. Das Verfahren gegen Facebook läuft seit über zwei Jahren, Schrems gibt aber nicht auf, das soziale Unternehmen zu mehr Transparenz und einem verantwortungsvolleren Umgang mit den Nutzerdaten zu bewegen. Nicht aufgeben sollten auch Internetnutzer und Nutzerinnen: In seinem Buch erklärt Max Schrems verständlich den Datenwahnsinn, in dem wir uns alle befinden und wie wir alle um unsere Daten kämpfen können. Eine gelungene Anleitung.
Kampf gegen Facebook
Als Held des Datenschutzes, als Internet-Aktivist und -Experte wird Max Schrems seit seinen Anzeigen gegen Facebook 2011 gefeiert. Fest steht, dass Max Schrems mit seinem Kampf gegen Facebook das trockene und komplizierte Thema Datenschutz auch für die Massenmedien tauglich gemacht hat.
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Wie mich ein österreichischer Fernsehmoderator treffend fragte: "Wie filmen Sie Datenschutz? Wie zeigen Sie verlorene Freiheit? Wie werden solche abstrakten Begriffe für den Durchschnittsnutzer sichtbar?" Die Vermittlung dieser Probleme braucht viel Aufwand, viel Können und Engagement. Das Bewusstsein bei Menschen zu bilden, ist hier nicht so leicht wie bei Autounfällen oder einer Feuersbrunst. Die Gefahr, vor der wir gewarnt werden müssen, ist nicht greifbar, nicht sichtbar, nicht omnipräsent.
Max Schrems erklärt in seinem Buch den Datenwahnsinn, in dem wir uns alle befinden. Warum Informationen Macht bedeuten, was "Big Data" heißt und welche Daten von jedem Menschen gesammelt, verknüpft und analysiert werden. Und er klärt auf, welchen Argumenten wir bei Datenschutz-Diskussionen keinen Glauben schenken dürfen. Phrasen wie "Datenschutz schadet der Wirtschaft", "Ihr habt doch den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugestimmt" oder das klassische "Ich habe doch nichts zu verbergen". Es gibt niemanden auf der Welt, der nichts zu verstecken hat, meint Schrems, denn es gehe hier nicht um unangenehme halblegale, sondern um sehr banale Dinge.
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Eines der besten Beispiele ist Sexualität. Wenn Sie nicht gerade Pornostar sind, wollen Sie ihr Liebesleben vermutlich geheim halten. Jedenfalls will fast keiner von uns seine letzte sexuelle Aktivität als Titelbild auf der Morgenzeitung haben. Obwohl Sexualität total legal, normal und sogar ein Grundbaustein unseres Lebens ist.
Gesetze nicht durchsetzbar
Der 26-Jährige Salzburger berichtet von seinen Aufenthalten in den USA, in denen es kein mit europäischen Gesetzen vergleichbares Datenschutzgesetz gibt, und wie persönliche Daten dort beispielsweise für das Bewerten der eigenen Kreditwürdigkeit herangezogen werden. Und er schildert den Kontakt mit der irischen Datenschutzbehörde, die im Verfahren gegen Facebook nicht unbedingt geglänzt hat.
Es mangelt nicht an Datenschutzgesetzen in Europa, denn die gibt es, sagt Max Schrems, es krankt beim Durchsetzen der darin festgeschriebenen Rechte.
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Das Einzige, was die Behörde machen kann, ist eine "Durchsetzungsnotiz" an ein IT-Unternehmen zu schicken. Da steht dann sinngemäß drinnen: Liebes Facebook! Bitte halte dich an die Gesetze. Das wäre extrem lieb von dir. Danke, dass du unsere Notiz gelesen hast. Bussi, deine irische Datenschutzbehörde." Natürlich würde das in der Praxis etwas förmlicher klingen, aber inhaltlich ist es genau eine Bitte.
Wenn sich die Unternehmen nicht an die Extraeinladung zum Gesetzesrespekt halten, erklärt Schrems, dann kann die Behörde ein Unternehmen auf Gesetzeseinhaltung klagen. Passiert ist das aber noch nie. Alles, was Facebook seit dem Verfahren von Max Schrems geändert hat, war nicht rechtlich zwingend, sondern passierte freiwillig, um gute Miene zu zeigen.
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Die Ohnmacht dieser Behörden nährt sich daher auch aus der Wichtigkeit dieser Dienste in unserem täglichen Leben. "Too big to shut down" könnte es in Anlehnung an die Bankenkrise heißen. Einem kleinen Unternehmen eine Kamera abzudrehen, ist für eine Behörde leicht. Einem Großkonzern aber seine illegalen Dienste abzuschalten, das trauen sich nicht einmal die wackersten Behörden.
Aufruf zur Datenschutz-Guerilla
Das Grundproblem für Max Schrems: Unternehmen und Staat hätten gerne einen gläsernen Bürger, bei dem sich fein vorhersagen lasse, was er in den nächsten drei Tagen kaufen oder unternehmen möchte. Der Autor ruft daher zur Datenschutz-Guerilla auf, denn es gehe nicht darum, die Technologie zu verteufeln, sondern darum, für alle Verhaltensregeln zu finden.
"Kämpf um deine Daten" ist eine lesenswerte, locker geschriebene Grundlage für all jene, die noch zum Datenschutz-Aktivist werden oder sich zumindest mit dem Datenwahnsinn auseinandersetzen möchten, denn, so Max Schrems: der Kampf um die Daten hat erst begonnen.
Service
Max Schrems, "Kämpf um deine Daten", Edition a