WM: Feierstimmung trotz Protesten in Brasilien

Am Donnerstag beginnt die Fußball-WM in Brasilien. Viele Mannschaften sind schon eingetroffen, überschattet wird das Ereignis allerdings von Streiks und Protesten. Viele Menschen wollen nicht verstehen, warum es ihnen schlecht geht, während Milliarden in die WM-Stadien fließen. Trotzdem wird in Rio zwei Tage vor dem ersten Spiel gefeiert.

Morgenjournal, 10.6.2014

Aus Rio de Janeiro berichtet

Flaggen gegen Parolen

Am Donnerstag startet das große Fußballspektakel in Sao Paulo, mit dem Spiel Brasilien gegen Kroatien. Und es könnte ein turbulenter Auftakt werden. Denn seit vergangenen Donnerstag streiken in Sao Paulo die U-Bahn-Angestellten und verursachen dadurch ein anhaltendes Verkehrschaos. Immer wieder kommt es zu Demonstrationen und Zusammenstößen mit der Polizei. Auch in Rio de Janeiro gibt es zahlreiche Streiks und kleinere Demonstrationen. Und doch kommt auch langsam eine Fußball-Feierstimmung auf.

Im Ausgehviertel Lapa im Zentrum von Rio herrscht ausgelassene Stimmung auf den Straßen. Beinahe wie im Karneval. Auf den Hausmauern sieht man noch die Graffitis: "Fifa Go Home!" Und "Nao vai ter copa" ("Es wird keine WM geben"). So lautet der Slogan der Protestbewegung. Doch die Graffitis gehen beinahe unter angesichts der vielen internationalen Flaggen, die jetzt hier hängen.

Bis vor kurzem sah es in der Stadt noch ganz anders aus. Viel später als bei vergangenen Weltmeisterschaften haben die Einwohner von Rio de Janeiro begonnen, ihre Straßen zu dekorieren. Zu groß war der Ärger über die horrenden Ausgaben für die Fußball WM. Er wolle gar nicht, dass Brasilien gewinne, erklärt ein Brasilianer, er habe bereits Fan-T-Shirts für Frankreich, Deutschland und Argentinien zuhause. Ein Sieg der Brasilianer würde all die hohen Ausgaben für die WM vergessen machen, sagt er. Auch eine junge Frau meint, Brasilien habe dringlichere Bedürfnisse als ein Sport-Großereignis: "Ich freue mich auf die WM, aber ich finde, es war der falsche Zeitpunkt. Brasilien hat wichtigere Bedürfnisse als Sport."

"WM wird Sorgen vergessen lassen"

Schauplatzwechsel an den Strand von Copacabana: Hier geht alles entspannt zu. Arbeiter bauen gerade die Bühne in der offiziellen Fanzone der FIFA auf. Noch schaut das nach reichlich viel Arbeit aus. Am Strand ist der Anteil an schnee-weißen ausländischen Körpern größer als sonst. Ein junger Brasilianer geht gerade zum Muskeltraining am Strand, er freut sich über die ausländischen Gäste. Es sei gut für Brasilien, wenn viele Menschen die brasilianische Kultur kennenlernen. Ein älterer Mann macht sich allerdings Sorgen um die Sicherheit der Touristen. Die Kriminalität sei hoch in Brasilien und es werde vermutlich große Demonstrationen während der WM geben. Eine Frau mittleren Alters trägt voller Stolz ein gelb-grünes Brasilien-T-Shirt. Die WM sei großartig, sie bringe Geld. Die Demonstranten würden ihre Zeit verschwenden, meint sie. Es werde gar keine großen Demonstrationen geben, glaubt eine andere Frau. Spätestens, wenn die Brasilianer vor dem Fernseher sitzen, würden sie alle Sorgen vergessen.

Im Laufe der vergangenen Woche scheint im Land dann doch das Fußballfieber ausgebrochen zu sein: Eine Frau führt einen Hund mit Brasilien-Halsband an der Leine, eine Portiersfrau an der Eingangstür trägt während der Arbeit einen grün-gelben Glitzerhut. Auf der Straße schläft ein obdachloser Mann, in seinem Schuh steckt eine Brasilienflagge. Spätestens jetzt bekommt man den Eindruck: Vai ter copa. Es wird eine WM geben.