EVP ortet mehr Zustimmung zu Juncker

In zwei Wochen soll Europa einen neuen EU-Kommissionspräsidenten haben. Immer mehr deutet darauf hin, dass es Jean-Claude Juncker wird. Der EU-Ratspräsident verhandelt seit heute Früh mit dem EU-Parlament. Die stärkste Partei, die Europäische Volkspartei (EVP), ortet nach dem Sondierungsgespräch vermehrt Zustimmung für ihren Kandidaten.

Mittagsjournal, 12.6.2014

Aus Brüssel

EVP: Parlament akzeptiert nur Juncker

Das Experiment "Europäischer Spitzenkandidat" geht in die Endphase. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy verhandelt heute mit den großen Parteien im EU-Parlament, zum ersten Mal finden auf europäischer Ebene Sondierungsgespräche statt. Die stimmenstärkste Partei, die Europäische Volkspartei gibt dem Chefverhandler der EU-Mitgliedsstaaten einen klaren Auftrag nach dem Gespräch mit: "Die wichtigste Botschaft ist es, dass Herman Van Rompuy von den Fraktionschefs die Botschaft erhalten wird, dass das Parlament nur den Kandidaten Jean-Claude Juncker akzeptieren wird", sagt der EVP-Fraktionsvorsitzender Manfred Weber.

Laut Manfred Weber seien auch die Juncker-Gegner in seiner Parteifamilie, wie italienische oder ungarische EVP-Mandatare, eingefangen und auf Parteilinie. Doch die wären das geringere Übel: der Hauptgegner ist der Europäische Rat, also die Mitgliedsstaaten. Der Rat ist ebenso EVP-dominiert, auch hier ortet Weber ein Einlenken: "Ich erlebe in den letzten Tagen auf allen Ebenen eine wachsende Zustimmung für Jean-Claude Juncker, deshalb gehe ich hoffnungsvoll in die kommenden Wochen".

Juncker auch ohne Großbritannien-Unterstützung

Auch mit Großbritannien, das parteiübergreifend gegen Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsidenten auftritt, sei ein Kompromiss nach wie vor möglich, so Manfred Weber. Inhaltlich könne den Briten bei Bürokratieabbau und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ohne Probleme entgegengekommen werden. Sollte Premierminister David Cameron diese Angebote ausschlagen, so müsse eben auf die Unterstützung der Briten verzichtet werden. "Es ist klar, dass Großbritannien ein Staat von 28 Staaten ist. Es gibt kein Vetorecht und es gibt auch nicht die Situation, dass Großbritannien dem Rest Europas die Agenda diktieren kann", meint Weber.


Der EU-Ratspräsident erlebt also ein gestärktes, selbstbewusstes EU-Parlament, das nicht von Jean-Claude Juncker abrücken will. Es wird immer schwieriger, den europäischen Spitzenkandidaten zu verhindern. Nur eine Meldung hat gestern die politischen Beobachter in Brüssel stutzig gemacht: Junckers Wahlkampfstratege verlässt das Team und wird damit auch nicht Kabinettschef des potentiellen Kommissionspräsidenten, denn Martin Selmayr wird Direktor der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London. Ob das europäische Demokratie-Experiment gelingt wird frühestens am EU-Gipfel in zwei Wochen feststehen.