EU-Gipfel: Keine klare Zustimmung für Juncker

Die EU-Staats- und Regierungschefs versagen dem Wahlsieger der Europawahlen Jean-Claude Juncker rasche Unterstützung für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten. Beim EU-Gipfel haben sie sich in der Nacht lediglich darauf geeinigt, dass nun Konsultationen geführt werden sollen. Bis zum EU-Gipfel im Juni soll das Personalpaket um die EU-Spitzenpositionen stehen.

Herman van Rompuy

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kommt nun eine Vermittlerrolle zu.

(c) APA/EPA/OLIVIER HOSLET

Morgenjournal, 28.5.2014

Aus Brüssel

Viele EVP-Mitglieder gegen Juncker

Feind, Erzfeind, Parteifreund: Beim Gipfel-Abendessen hat längst nicht nur der britische Premier David Cameron gegen die Bestellung Jean-Claude Junckers mobil gemacht. Vor allem Staats- und Regierungschefs, die der Europäischen Volkspartei angehören, haben sich dezidiert nicht hinter Juncker gestellt. Also immerhin jene Partei, die ihn als Spitzenkandidat fürs Amt des EU-Kommissionspräsidenten ins Rennen geschickt hat. Wohingegen viele sozialdemokratische Gipfelteilnehmer sehr wohl den Christdemokraten unterstützen würden, wie der französische Staatspräsident Francois Hollande.

"Das Wahlergebnis muss gehört und respektiert werden", sagt Hollande. Die stärkste Gruppe sei die Europäische Volkspartei, also habe sie nun das Vorschlagsrecht für den Kommissionspräsidenten. "Wenn die europäischen Sozialdemokraten Wahlsieger geworden wären, hätte ich auch diesen Kandidaten unterstützt", meint der französische Staatspräsident.

Merkel für "kameradschaftliche" Beratungen

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel von der Europäischen Volkspartei spielt - wie auch in den vergangenen Jahren schon oft - auf Zeit: "Für mich geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit", so Merkel. Merkel betont zwar, dass sie als EVP-Mitglied Jean-Claude Juncker unterstützt habe - und dies auch nicht vergesse, dennoch müsse verweist sie auf die geltenden Verträge. Demnach muss bei der Bestellung des EU-Kommissionspräsidenten das EU-Wahlergebnis berücksichtigt werden.

"Jeder hat seine Verantwortung: das Parlament, aber nach den Verträgen genauso auch der Europäische Rat. Und deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt miteinander in wirklich kameradschaftliche und nach dem Vertrag gebotene Konsultationen eintreten."

Van Rompuy als Mittelsmann

Die 28 Mitgliedsstaaten schalten daher ihren Ratspräsidenten Herman Van Rompuy dazwischen. Er soll nun die Wünsche der Mitgliedsstaaten und die des EU-Parlaments ausloten. "Ich werde mich mit den Fraktionsvorsitzenden der Parlamentsparteien kurzschließen, sobald diese gewählt sind und ich werde mit den Mitgliedsstaaten bilaterale Gespräche führen und dann Bericht erstatten", sagt Van Rompuy.

Damit wird das EU-Parlament scharf in seine Grenzen gewiesen. Denn die großen Parlamentsfraktionen haben sich bereits vor Beginn des EU-Gipfels eindeutig hinter Jean-Claude Juncker gestellt. Bis zum nächsten Treffen der EU 28 Ende Juni soll das Personalpaket geschnürt sein. Dann wird auch feststehen, ob das Experiment Europäische Spitzenkandidatur geglückt oder gescheitert ist.

Übersicht

  • EU-Wahl 2014