U-Ausschüsse: Wirbel über Geheimhaltungspläne
Einen Riesenwirbel verursachen Überlegungen von SPÖ und ÖVP, die Geheimhaltungsvorschriften bei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen zu verändern bzw. nach Meinung vieler Beobachter zu verschärfen. Sogar von Strafandrohung für die Berichterstattung über "Verschlusssachen" ist die Rede. Journalisten und Rechtswissenschafter sind in Aufruhr, ehemalige Verfahrensanwälte geteilter Meinung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 23.6.2014
Strafdrohung für Parlamentsberichte?
Seit Freitag ist bekannt, dass die Koalitionsparteien über ein "journalistisches Verwertungsverbot" nachdenken - und dieses wohl auch haben wollen, auch wenn hinter diesem Punkt in der Punktation ein Fragezeichen steht. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder und ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka haben zu diesem Thema eine Sammlung von 13 ihnen wichtig erscheinenden Änderungspunkten vorgelegt. Und just Punkt 13 bringt die Tendenz auf den Punkt in Form einer nur scheinbar schlichten Frage: "Soll es auch Dritten verboten sein, über Verschlusssachen zu berichten?" Wenn ja, fügen Medienleute hinzu, heißt das dann Haftstrafen für aufrechte Parlamentsreporter?
Seit dem Wochenende gibt es massive Reaktionen: "Eine Einschränkung der Pressefreiheit", sagt Verfassungsrechtler Heinz Mayer, "ein Rückschritt ins 19. Jahrhundert", kommentiert Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler, "ein gefährlicher erster Schritt", warnt Medienanwalt Thomas Höhne, "Unsinn- und Widersinn" ortet Ex-FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer - Zitate sämtlich aus der Tageszeitung "Der Standard". Ein "verheerendes Signal" vernimmt weiters der Verband Österreichischer Zeitungen, und die Vereinigung der Parlamentsredakteure verwahrt sich gegen eine Kriminalisierung ihrer Mitglieder, wenn diese ihrer ureigensten Aufgabe nachgehen.
"Verantwortung der Abgeordneten"
Gottfried Strasser, als "Verfahrensanwalt" im früheren Eurofighter-Untersuchungsausschuss von Gesetzes wegen um die Rechte von Auskunftspersonen und Betroffenen bemüht, ist ebenfalls gegen die Neuregelung: " "Die Verantwortung dafür, dass geheime Dinge nicht in die Außenwelt, also auch nicht in die Medien dringen, haben die Abgeordneten selber." Und Gottfried Strasser fügt hinzu, im seinerzeitigen Eurofighter-Untersuchungsausschuss habe es keine Situation gegeben, die nach einer Neuregelung, wie sie SPÖ und ÖVP jetzt offenbar überlegen, verlangt: "Und zwar deswegen nicht, weil der Schutz der Berufs- und Geschäftsgeheimnisse durch die Verfahrensordnung gewährleistet ist. Die Verfahrensordnung geht hier genau nach den Kriterien des Paragrafen 321 der Zivilprozessordnung vor. Und da sind eben diese Entschlagungsrechte der Zeugen, der Auskunftspersonen gewährleistet, und das ist auch immer beachtet worden."
Und Rechtsanwalt Klaus Hoffmann, in der Vergangenheit in gleich zwei U-Ausschüssen als Verfahrensanwalt und somit als Wahrer der Befragtenrechte tätig, ist skeptisch, aber nicht völlig ablehnend: "Nach meiner Auffassung ist es nicht erforderlich, dass man eine übertriebene Geheimhaltungsverpflichtung auferlegt. Wichtig wird sein, dass man möglichst präzise klärt, welche Akteninhalte der Geheimhaltung zu unterliegen haben. Die dürften dann nicht weitergegeben werden."
Konkrete Fälle aus seinen beiden U-Ausschüssen - Spionage 2009 und Korruption 2011/12 - die nach einer Veränderung der Geheimhaltungsbestimmungen nachgerade gerufen hätten, kann Hoffmann aus dem Stand heraus nicht nennen.