Milde bei Untreue? Protest gegen Reform

Mit seinem Plan, den Untreue-Tatbestand zu entschärfen, stößt ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter auf vehemente Gegenwehr in der Justiz. Nur wenn sich ein angeklagter Manager auch selbst bereichert hat, soll die Höchststrafe weiterhin zehn Jahre betragen. Das wäre ein Rückschritt in der Korruptionsbekämpfung, fürchten viele Teilnehmer beim Forum der Staatsanwälte in Tirol.

Mittagsjournal, 25.6.2014

Unterschiedliche Ausprägungen von "Untreue"

Ob Telekom, Hypo Alpe Adria oder Bawag: Viele große Strafprozesse, in denen es eigentlich um Korruptionsverdacht geht, waren Untreueverfahren und endeten mit mehrjährigen Haftstrafen für Manager. In der Wirtschaft ziehen daraus so manche einen falschen Schluss, findet Werner Pleischl, Leiter der Generalprokuratur also der obersten Anklagebehörde: "Es wird uns gegenüber so dargestellt, als wären Manager grundsätzlich in der Gefahr sich strafbar zu machen. Wir sehen das anders."

Beim Staatsanwälte Forum in Walchsee in Tirol erzählen manche, Justizminister Wolfgang Brandstetter habe ja früher als Verteidiger unter anderem Telekom- und Hypo-Manager vertreten und sich schon damals für eine Entschärfung des Untreue-Paragraphen ausgesprochen. Zuletzt als Minister hat Brandstetter gemeint, es gebe zu recht "Unbehagen der Wirtschaft". Es werde bei der Untreue nämlich nicht unterschieden, ob jemand seine Befugnisse überschreitet, um sich selbst zu bereichern, oder ob sich ein Manager nur "krass verschätzt" hat.

Frage der Beweisbarkeit

Konkret bestätigte Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek gestern: Es gebe Überlegungen, dass die Strafandrohung von fünf bis zehn Jahren künftig nur mehr gelten soll, wenn sich jemand bereichert hat. Generalprokurator Pleischl sagt dazu: "Aus meiner Sicht und aus Sicht der Staatsanwaltschaften sehe ich da keinen unmittelbaren Änderungsbedarf." Auch der Präsident der Staatsanwälte-Vereinigung, Gerhard Jarosch, findet, der Untreue-Paragraph habe sich bewährt. Er ist gegen mildere Strafen bei Untreue, eher für eine Verschärfung: "Wir können uns insofern eine Differenzierung vorstellen, wenn dazukommt persönliche Bereicherung, dann 15 Jahre." Gegen eine Entschärfung spricht laut Jarosch, dass die Staatsanwaltschaft oft vermutet, dass sich ein Täter bereichert hat, nur beweisbar sei das kaum: "Kick-back-Zahlungen in diesem Bereich gehen über Offshore-Konten und es ist sehr schwer, da draufzukommen und es ist fast nie beweisbar."

Folgen für Hypo-Verfahren

Der Kärntner Richter Christian Liebhauser-Karl befürchtet bei einer Entschärfung des Untreue-Paragraphen außerdem, dass die Ermittlungen im Hypo-Alpe-Adria-Verfahren bald eingestellt werden müssten. Die Ex-Vorstände Wolfgang Kulterer und auch Günter Striedinger seien schon zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt - zumindest nicht rechtskräftig. Wären fünf Jahre aber die Höchststrafe, würde das bald das logische Aus für die Hypo-Aufklärung durch die Staatsanwaltschaft bedeuten.

Überhaupt scheint eine Mehrheit der Experten gegen Brandstetters Überlegungen zu sein – sogar seine eigene Reformarbeitsgruppe, sagt der Arbeitsgruppen-Vorsitzende Sektionschef Pilnacek bei der Diskussion im Tagungssaal:
"Von uns kommt sicher in diese Richtung kein Vorschlag." Und ein Strafrechtler, der ungenannt bleiben will meint: Die Manager müssten lernen, sich an Regeln und Gesetze zu halten - statt auf mildere Strafen zu hoffen.