Bestseller-Autorin Jojo Moyes
Mit ihren Büchern erreicht die britische Autorin Jojo Moyes inzwischen ein Millionenpublikum auf der ganzen Welt. Ihre Romane werden gerne als Frauenliteratur bezeichnet, was nicht immer wohlwollend gemeint ist. Ihr jüngstes Buch "Weit weg und ganz nah" ist aber alles andere als eine süßliche Liebesgeschichte.
8. April 2017, 21:58

(c) ROWOHL VERLAG
Moyes' Erfolgsgeheimnis ist, dass sie die gängigen Klischees in sogenannten Frauenromanen vermeidet und sich ganz und gar nicht-liebliche Themen als Hintergrund für ihre Geschichten aussucht. Mit ihrem Liebesroman "Ein ganzes halbes Jahr", in dem es eigentlich um Sterbehilfe geht, hat sie einen Weltbestseller gelandet.
Kulturjournal, 26.06.2014
Die Frauenfiguren in den Romanen von Jojo Moyes sind keine attraktiven Karrierefrauen, die sich in Designerkleidung auf die Suche nach dem Märchenprinzen machen. Es sind Frauen, die nicht dafür bewundert werden, wie sie aussehen, sondern für das, was sie tun.
Jojo Moyes sagt über sich selbst, sie sei eine Feministin, die sich nicht dafür entschuldigen wolle, dass sie Liebesromane schreibe: "Beim Schreiben denke ich immer an meine 16 Jahre alte Tochter und frage mich, welche Botschaft würde sie aus meiner Geschichte mitnehmen? Dass sie mit Designerklamotten und dem richtigen Lippenstift auf Männerjagd gehen soll? Oder dass sie lieber herausfinden soll, was sie gut kann und was sie aus ihrem Leben machen will? Und dass der Mann an ihrer Seite sie dabei unterstützen sollte."
Arm vs. Reich
In ihrem jüngsten Roman ist die Heldin die alleinerziehende Mutter Jess, die sich mit mehreren Jobs über Wasser hält und versucht, ihrer mathematisch hochbegabten Tochter den Weg in eine gute Schule zu ebnen. Jess trifft den reichen Computerfreak Ed, der drauf und dran ist, alles zu verlieren, weil er wegen Insiderhandels angeklagt wird. Das Schicksal führt die ungewöhnliche Familie, zu der auch noch eine Art Adoptivsohn von Jess und ein großer stinkender Hund gehören, auf eine gemeinsame Reise in Eds Auto.
Doch "Weit weg und ganz nah" ist mehr als ein flott geschriebenes Road-Movie in Buchform. Jojo Moyes legt in ihren Romanen immer eine zweite Ebene an. Diesmal geht es ihr um die enormen Klassenunterschiede in Großbritannien und die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich.
"Ich bin selbst in einer sehr rauen Londoner Gegend aufgewachsen und habe dort viele alleinerziehende Mütter und ihren täglichen Überlebenskampf gesehen", so Moyes. "Ich kenne sehr arme und sehr reiche Leute. Eine meiner Freundinnen hat als Putzfrau gearbeitet und eines Tages hat ihr ihre Auftraggeberin einfach so eine Tür ins Gesicht geschmissen. Da habe ich begonnen, darüber nachzudenken, wie wir mit Menschen umgehen, denen wir uns überlegen fühlen."
Auf nach Hollywood
Ein noch viel schwierigeres Thema hat Jojo Moyes in ihrem bisher größten Erfolgsroman aufgegriffen. "Ein ganzes halbes Jahr" ist die Liebesgeschichte zwischen einem vom Kopf abwärts gelähmten jungen Mann, der nicht mehr weiterleben will, und seiner Pflegerin. Es geht um Sterbehilfe. Das Buch war ein Welterfolg und Jojo Moyes wurde mit E-Mails überschüttet.
"Ich wollte nicht Partei ergreifen, pro oder contra Sterbehilfe", sagt Moyes. "Ich wollte meine Leser zum Nachdenken darüber bringen, warum sie dafür oder dagegen sind. Man sollte nicht zu schnell urteilen. Jedes Schicksal ist anders, da geht es nicht um Schwarz oder Weiß. Ein sehr religiöser Sterbehilfegegner aus Amerika hat mir geschrieben, dass ich ihn zum Nachdenken gebracht hätte. Ist das nicht beachtlich?"
Inzwischen hat sich das Hollywoodstudio MGM für den Stoff die Filmrechte gesichert und Jojo Moyes schreibt das Drehbuch. Bei ihrer Lesung am Abend erzählt sie von ihrem Ausflug nach Hollywood: "Im Büro von MGM habe ich erst einmal total uncool alle Oscars, die dort herumstehen, fotografiert. Dann haben die mich gefragt, ob ich interessiert wäre. Meine Antwort war ja, und dann hat mich der Boss von MGM mit den Worten entlassen: OK, Jojo, lass uns einen Film machen."
Vor ihrer Karriere als Buchautorin hat Jojo Moyes lange als Journalistin gearbeitet. Sie sagt, das habe ihren Blick geöffnet - für Menschen und für deren Geschichten. Und warum sollten wichtige gesellschaftspolitische Themen nur von Intellektuellen abgehandelt werden und nicht in vielgelesenen sogenannten Frauenromanen? Frauenroman - das Etikett, habe sie lange gestört, sagt Jojo Moyes, aber nicht mehr, seit ihre Bücher sich so gut verkaufen.