Budget: "Notfalls ein neues Sparpaket"

Experten warnen die Regierung eindringlich, auf dem Budgetpfad zu bleiben. Offenbar eine fundierte Warnung, denn einige Ministerien schießen schon jetzt über ihr Budgetlimit hinaus.

Mittagsjournal, 30.6.2014

Finanzminister Spindelegger (ÖVP) hat in einem Interview mit der Presse am Sonntag sogar davon gesprochen, dass manche Ministerien ihr gesamtes Jahresbudget jetzt schon überzogen hätten. Wenn das stimmt, dann wäre das ein ziemlich starkes Stück: das Budget ist schließlich erst vor zwei Monaten im Parlament beschlossen worden - und es würde in dem Fall jetzt schon ordentlich aus dem Ruder laufen. Wenn man nachfragt, klingt das aber gleich halb so wild. Da wird dann das Beispiel des Sozialbudgets gebracht, das würde natürlich unter einem geringeren Wachstum und höheren Ausgaben für Arbeitslose besonders und direkt leiden.

Tatsächlich sind diese Gespräche mit Ministern aber schon lange geplant und auch vereinbart - ist das dann nicht Inszenierung?

Zu einem guten Teil ja. Darauf weisen schon die erwähnten Interviewaussagen von Spindelegger hin, er hat ja auch vom Dornröschenschlaf der SPÖ und dem süßen Traum von der Steuerreform gesprochen, aus dem der Koalitionspartner aufwachen müsse. Man kann diesen Budget-Weckruf des Finanzministers wohl nur in Zusammenhang mit der großen ÖGB-Kampagne für eine Lohnsteuer-Senkung sehen. Die startet am Donnerstag. Und würde Michael Spindelegger seine Budgetgespräche ohne laute Begleitmusik führen, wie das an sich üblich ist - dann hätte er der Gewerkschaft und dem Koalitionspartner SPÖ die Bühne überlassen. Also: natürlich eine Inszenierung, die aber schon auch deutlich zeigt, wie wackelig die Grundlage ist, auf der das Budget steht.

Ev. geht die Taktik auf, sich hier als starker Finanzminister zu zeigen?

Spindelegger hat keine Wahl. Er hat sich das Image des Sparmeisters umgehängt, und das muss er im Sinne der Unterscheidbarkeit der ÖVP von der SPÖ jetzt zelebrieren. Wie glaubwürdig er dabei ist, hängt vom Durchsetzungsvermögen ab. Und das ist der Haken: der Finanzminister ist letztlich nur so stark, wie ihn der Koalitionspartner sein lässt.

Viel Lärm um lange Geplantes, die wirklich großen Vorhaben werden aber in Arbeitsgruppen ausgelagert - sollte er sich nicht darum kümmern?

Definitiv. Das große Geld liegt zum Beispiel in den Förderungen, die haben ein Volumen von 15 Milliarden Euro - da wäre auch kurzfristig was zu holen. Aber es tut sich nichts. Und der Finanzminister hätte den Spielraum, den er braucht, schon längst, wenn die überfälligen Strukturreformen auf dem Weg wären. Aber bei den Pensionen ist die Regierung im Verzug, da lässt sich die Regierung wieder einmal das Heft von den Sozialpartnern aus der Hand nehmen. Und mit einer neuen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern befasst die x-te Arbeitsgruppe, weil sich beide Regierungsparteien vor ihren jeweiligen Landeskaisern fürchten. Bleibt also im Moment nicht viel mehr als Geld zusammenzukratzen.

Es geht also bei all dem nur um den Steuerreform-Streit zwischen ÖVP und SPÖ. Wie kommt Regierung da wieder raus?

Die Erfahrung lehrt, dass sich in den größten Konfliktsituationen immer noch ein Ausweg gezeigt hat. Und hier kommt auch immer die Alternativlosigkeit zu dieser Regierung ins Spiel - dass also niemand etwas von einer vorgezogenen Wahl hätte. Aber ÖVP und SPÖ zementieren mit jeder dieser Aktionen noch mehr ein. Die Gerechtigkeitskampagne der Gewerkschaft startet jetzt und wird sich bis in den Herbst hineinziehen. Vertrauensbildend ist das nicht, und man kann die Dinge auch zu weit treiben und sich verrechnen.

Hält das Budget?

Es wird wohl halten, die nachhaltige Budgetsanierung mit strukturellem Nulldefizit ab 2016 ist ja DAS zentrale Projekt der Regierung. Zur Not gibt es eben wieder ein Sparpaket.

Eine Analyse von Stefan Kappacher.