"Die verstaubte Kanzlei durchlüftet"
Seit zehn Jahren bekleidet Heinz Fischer das Amt des Bundespräsidenten. Und er hat das Amt in dieser Zeit stark aufgebrochen, wie ORF-Innenpolitik-Redakteur Stefan Kappacher im Gespräch mit Hubert Arnim-Ellissen erläutert.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 8.7.2014
Amt des Präsidenten gerettet
Der Tag der Angelobung vor zehn Jahren war ein Tag der Trauer: Thomas Klestil war noch als Bundespräsident gestorben und hat die Angelobung von Heinz Fischer nicht mehr erlebt. Die Staatstrauer hat damals die Zweifel am Sinn des Präsidentenamtes überdeckt, obwohl in der Amtszeit von Klestil diese Diskussion offen geführt worden war. Heinz Fischer hat das Amt des Präsidenten gerettet. Man hat heute schon fast vergessen, wie schwer beschädigt das Amt des Bundespräsidenten nach Waldheim, aber auch nach Klestil war - Klestil hat ja seine privaten Probleme öffentlich gemacht und wurde dadurch zum Spielball der Boulevard-Medien. Jeder auf seine Weise waren Waldheim und Klestil Gefangene in der Hofburg. Heinz Fischer hat das aufgebrochen, er hat die verstaubte Präsidentschaftskanzlei durchlüftet und mit Hilfe seiner guten Beraterinnen und Berater modernisiert.
Medial sehr präsent
Der Bundespräsident ist im Internet unterwegs, hat einen erfrischend lockeren Facebook-Auftritt, an dem sich andere Spitzenpolitiker ein Beispiel nehmen könnten. Fischer sucht und genießt den Kontakt zu den Menschen, das spürt und sieht man. Und das schlägt sich auch in den Beliebtheitswerten nieder. Fischer ist ein Bundespräsident, wie ihn sich die Österreicher vorstellen. Und das für sich ist kein geringes Verdienst.
Fischer ist der Bundespräsident, der erstmals in die ORF-Pressestunde gegangen ist, er gibt regelmäßig Interviews und er beantwortet auch kritische Nachfragen, ohne diese gleich als Majestätsbeleidigung aufzufassen. Also insofern stellt sich Heinz Fischer dem demokratischen Widerspruch. Wenn dann aber Kritik kommt, die ihn direkt betrifft und ihm ein Fehlverhalten unterstellt, dann kann Fischer auch anders: das war so, als ihm die Nicht-Teilnahme an der Trauerfeier für Nelson Mandela vorgehalten worden ist, und als er wegen der Aschewolke aus dem isländischen Vulkan nicht zum Begräbnis des polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski gefahren ist. Da hat es Kritik gegeben, auf die er sehr ungehalten reagiert hat.
Von Anfang an Brückenbauer
Seine inhaltliche Arbeit hat Heinz Fischer als Bundespräsident von Anfang an unter das Motto des Brückenbauers gestellt, der Gräben überwinden und Gegensätze näher bringen will. Wenn man die Regierungsbildungen in Fischers Amtszeit betrachtet, dann war er sicher ein Brückenbauer - manche vor allem auf ÖVP-Seite haben dieses Brückenbauen aber eher als in eine ungeliebte Koalition hineinprügeln empfunden.
Insgesamt muss man sagen: Fischer kennt die Möglichkeiten und Grenzen des Bundespräsidentenamts sehr genau, und er denkt nicht im Traum daran, diese Grenzen zu überschreiten. Das einerseits klug, aber damit leistet Fischer natürlich auch seinen Beitrag zur Politikverdrossenheit, die er in seinen Reden dann wieder beklagt. Zwei Beispiele: Als Oberbefehlshaber des Bundesheers hat sich Fischer zwar gegen seine Partei die SPÖ für die Wehrpflicht ausgesprochen. Den flammenden Appell, das Bundesheer jetzt nicht endgültig kaputtzusparen, hat man von Fischer aber nicht gehört. Und Beispiel Koalition: Der Bundespräsident hat drei SPÖ-ÖVP-Regierungen angelobt - mit dem Effekt, dass diese Koalition gerade noch eine Mehrheit hat. Sollte diese Mehrheit beim nächsten Mal weg sein, dann muss der Bundespräsident kreativer sein. Der wird dann aber wohl nicht mehr Heinz Fischer heißen.