USA: "Conflict-Kitchen" serviert Information

Fällt in den USA das Wort "Afghanistan", geht es meistens um Terroranschläge, Krieg und US-Militäreinsätze. Einige Künstler in Pennsylvania wollen diese Sichtweise verändern - und zwar über den Gaumen. In der so genannten "Conflict Kitchen", übersetzt "Konfliktküche", serviert die Gruppe Essen aus Ländern, mit denen Amerika im Clinch liegt: aus dem Iran, Nordkorea - und derzeit eben aus Afghanistan.

Mittagsjournal, 8.7.2014

Afghanisches Straßenessen mitten in Pittsburgh

Es ist Mittagszeit und die Studenten Kenneth, John und Kristina stehen vor der Conflict-Kitchen und bestellen ihr Mittagessen - so gut es eben geht, denn die Namen der afghanischen Gerichte sind nicht einfach auszusprechen. Zum Beispiel Bolani Kachaloo, mit Kartoffeln und Lauch gefüllte Teigtaschen mit Koriander Chutney, dazu süßes Joghurt und eine Limonade aus Rosenwasser, Zitronen und Basilikum – typisches, afghanisches Straßenessen, mitten in einem belebten Park in Pittsburgh. Eine brilliante Idee, findet Christina, und vor allem eine köstliche.

Die Conflict-Kitchen ist kein normaler Imbissstand. Hier wird Essen aus Ländern serviert, mit denen die Amerikaner in politischem oder ideologischem Konflikt stehen. Vor einigen Monaten war der Iran dran, davor Kuba, Venezuela und Nordkorea und jetzt eben Afghanistan. "Unsere Truppen waren mehr als zehn Jahre lang in Afghanistan, und noch jetzt tendieren die Medien und die Regierung dazu, die Leute dort zu dämonisieren", sagt die Studentin. "Darum es ist wichtig, dass wir sehen, dass da Menschen dahinter stecken, Menschen mit Familien und Freunden. Ich finde, dass das hier sehr gut vermittelt wird."

Politik, die durch den Magen geht

Drinnen, in der winzigen, dampfenden Küche, steht Robert Sayre inmitten von Bergen von Reis, geschnippeltem Gemüse, Fleischspießen und Minzblättern. Er ist der Koch der Conflict-Kitchen. Das afghanische Essen, sagt er, ist ein voller Erfolg. "Es ist eine Mischung aus mediterraner und indischer Küche. Das wahrscheinlich beliebteste Gericht ist Kabuli Palow, Lamm mit gewürztem Reis, karamelisierten Karotten, Rosinen und Mandeln. Es ist so etwas wie das Nationalgericht in Afghanistan", so Sayre.

Politik, die durch den Magen geht, genau das ist die Idee der Konfliktküche, die die Kunstprofessoren Jon Rubin und Dawn Welesky vor mehr als vier Jahren ins Leben gerufen haben. "Das Essen ist eigentlich nur ein Mechanismus, um die Leute auf uns aufmerksam zu machen", erklärt Jon Rubin. "Statt langweiligen Vorträgen servieren wir Essen und sprechen dabei über die Länder, die die meisten nur aus den Schlagzeilen kennen. die Leute können Fragen stellen, unsere Broschüren lesen oder mit unseren Mitarbeitern plaudern. Und vielleicht haben sie nach dem Mittagessen ein anderes Bild von Afghanistan als davor."

Eingewickelt werden die Gerichte in Flyer mit Informationen über Land und Leute, afghanische Bräuche und Traditionen. Belehren will Jon Rubin aber niemanden. "Unsere Gäste haben ganz unterschiedliche politische Einstellungen. Wir versuchen, keine spezifischen Standpunkte zu vermitteln, wir lassen das Essen für sich sprechen", sagt er.

Beliebt bei Afghanistansoldaten und Exilafghanen

Überraschend beliebt ist die Konfliktküche unter jenen, die man dort eigentlich nicht erwartet: "Es kommen viele US-Soldaten hierher, auch, weil sie das Essen gut kennen. Vor einigen Wochen haben wir sogar eine Veranstaltung organisiert, gemeinsam mit drei Afghanistansoldaten und Exilafghanen", so Rubin. Jeder konnte Fragen stellen, zum Krieg, zum Terror, zu den Problemen zwischen Soldaten und Bevölkerung. Am Ende, erzählt Rubin, seien aber alle wegen des Essens gekommen.