Kritik an Anwälten als Sachwalter

Die Volksanwaltschaft macht weiter Druck für eine Reform und ein Umdenken im Bereich des Sachwalterrechts: Oft entstehe der Eindruck, dass Anwälte als Sachwalter eingesetzt werden, weil sie etwa durch den Verkauf einer Wohnung und die Übersiedelung alter Menschen in ein Altersheim Provisionen und Honorare verdienen können.

Morgenjournal, 9.7.2014

"Symptomatischer Fall"

Der pensionierte Manager Ansgar Aspalter ist sauer auf ein Bezirksgericht. Seit mehreren Jahren kümmert er sich um Angelegenheiten seiner pflegebedürftigen Schwester. Ein Patientenanwaltschafts-Verein hielt ihn auch für geeignet, sie als Sachwalter zu betreuen. Doch plötzlich und ohne Information an ihn habe das zuständige Bezirksgericht einen Rechtsanwalt als vorläufigen Sachwalter bestellt. Der sollte die Übersiedelung der Schwester in ein Pensionistenwohnhaus organisieren, ihre Wohnung verkaufen und daran verdienen, meint Aspalter: "Eine Eigentumswohnung - da gibt es eine Vermittlungsprovision, da gibt es Abwicklungskosten, Kaufvertrag, Eintragungen ins Grundbuch - das ist ein Job, der im Grunde genommen etwas bringt." Ob es daher da ums Geld für dne Anwalt geht? Aspalter: "Nona, was sonst?"

Daher protestiert der Bruder gegen den Anwalt als Sachwalter. Er will die Schwester nicht gleich im Heim unterbringen, die Wohnung später und für sie günstiger verkaufen. Volksanwältin Gertrude Brinek nimmt sich der Sache an. Sie sagt: "Das ist kein Einzelfall, sondern symptomatisch für viele Beschwerden."

Lukrative Fälle als Belohnung

Eigentlich müssen die Gerichte vorrangig Verwandte als Sachwalter einsetzen. Das passiert auch meistens. Aber fast täglich bekommt die Volksanwaltschaft Beschwerden, Anwälte würden sich nicht ausreichend um Besachwaltete kümmern und "dann wird vermutet, dass es nur aus monetären Gründen oft eine Entscheidung für eine Rechtsanwalt gibt, weil der sich 'was holen könnte', was der Familie gehören würde", so Brinek.

Dabei haben Anwaltsvertreterinnen kürzlich darauf hin gewiesen, dass die meisten Sachwalterschaften aufwendig und finanziell keineswegs einträglich seien. Kann es sein, dass sie zum Ausgleich manchmal lukrativere bekommen? Brinek: "Das könnte in der Praxis darauf hinauslaufen. Richter und Richterinnen sagen, sie nehmen ein bisschen darauf Rücksicht, dass ein Sachwalter quasi als Belohnung auch eine kriegt, wo etwas mehr an Honorar herausschaut. Diese Optik sollte jedenfalls vermieden werden."

Rechtzeitig Vorsorgevollmacht

Im Fall Aspalter hat das Gericht argumentiert, es sei ja ein Rechtsgeschäft abzuwickeln - wohl eben der Verkauf der Wohnung. Außerdem habe die Schwester von Herrn Aspalter keine Einmischung der Familie gewollt. Es gibt aber auch gegenteilige Aussagen von ihr. Und nachdem sich Aspalter an die Volksanwaltschaft und den ORF-Bürgeranwalt gewandt hatte, hat das Gericht auf einmal doch ihn als Sachwalter eingesetzt.

Die Volksanwaltschaft empfiehlt älteren Personen, rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht abzuschließen. "Bei vollem Bewusstsein kann ich verfügen, wer im Falles des Falles Sachwalter sein sollte, was mit meiner Wohnung, meinen Gegenständen passieren soll", so Brinek. Und dazu ist kein Notar nötig, drei Zeugen reichen.