Familienrichter: Skepsis zu Sachwalterschaft neu

Mit Skepsis reagieren die Familienrichter auf das Projekt, mit dem ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter die Zahl von Sachwalterschaften verringern will. Dabei wird versucht, Menschen mit psychischen oder intellektuellen Beeinträchtigungen soweit zu unterstützen, dass sie weiter selbst über ihr Leben bestimmen können. Aber mit den bisherigen, bescheidenen Mitteln werde sich nichts ändern, so die Familienrichter.

Morgenjournal, 7.4.2014

"Ohne Geld wird's nicht funktionieren"

Keine Macht über das eigene Geld, keine eigene Unterschrift und keine freie Entscheidung - das gilt für immer mehr Menschen in Österreich. Knapp 60.000 sind es bereits, sie sind - wie es im Juristendeutsch heißt - "besachwaltet". Eingedämmt werden soll diese Zahl durch ein Modellprojekt mit verbindlichem Clearing, also dem Versuch, mit Unterstützung von Sozialarbeitern die Selbstbestimmung möglichst lange zu erhalten.

Die Idee sei zwar gut, sagt die Sprecherin der Familienrichter, Doris Täubel-Weinreich: "Allerdings ist so wenig Geld da, dass dieses Clearing plus, wie es heißt, nämlich dass man schaut, was kann im Vorfeld ohne Sachwalterschaft gemacht werden, ohne mehr Geld in die Hand zu nehmen, einfach nicht funktionieren wird."

"Mehr ändern als nur die Bezeichnung"

Aber zusätzliches Geld vom Justizministerium für das Modellprojekt gibt es nicht, obwohl der Versuch, eine Sachwalterschaft zu vermeiden, sehr zeitintensiv ist. Täubel-Weinreich: "Beim Clearing plus ist zum Beispiel die Vorstellung, dass ein Sozialarbeiter bei der Antragstellung für irgendwelche Sozialleistungen hilft. Das heißt, er muss dann mit dem Betroffenen hingehen und ihn begleiten. Natürlich ist das zeitintensiv" - und mit den 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Clearing, die es schon bisher gibt, nie zu schaffen. Nötig wäre mindestens zehn Mal so viel Personal, so die Familienrichterin. Immerhin gibt es jährlich etwa 5.000 neue Fälle dafür. Sie warnt davor, nur die Bezeichnung zu ändern: "Da bräuchte es viel mehr Kapazitäten", denn sonst würde sich für die Betroffenen gar nichts ändern, so Täubel-Weinreich.

Kein gutes Geschäft für Anwälte

Die Sprecherin der Familienrichter will aber auch dem negativen Bild von Sachwaltern entgegenwirken. Die Kritik, die Sachwalter würden zum Beispiel ihre Klienten kurz halten, sei meist leicht zu entkräften: "Wenn jemand 900 Euro Mindestsicherung hat und einen Haufen Schulden, eine Wohnung und Fixkosten, dann kann ich dem wöchentlich wirklich nur wenig Geld in die Hand geben. Dass das für die Betroffenen eine Zumutung ist, verstehe ich. Aber das liegt nicht am Sachwalter, am Anwalt, sondern daran, dass der wirklich wenig Geld zur Verfügung hat."

Bei insgesamt 60.000 Fällen gebe es nur 200 begründete Beschwerden pro Jahr, so Täubel-Weinreich, außerdem gebe es andere Bereiche, in denen Anwälte viel mehr Geld verdienen könnten. "Das sind eher Rechtsanwälte, die sozial engagiert sind. Die Idee, dass die Anwälte das große Geld damit machen... Es gibt so und so viele Fälle, dass die Anwälte für ein ganzes Jahr Betreuung 600 oder 700 Euro bekommen. Und das ist wirklich wenig, wenn man das aufs Monat rechnet. Also das ist nicht einmal kostendeckend."

Wünschenswert wären jedenfalls viel mehr Sachwalter von Vereinen, für die die Betroffenen gar nichts zahlen müssen - aber auch dafür fehle einfach das Geld, so die Sprecherin der Familienrichter.