Sachwalterschaften: Neuer Entwurf
Kein eigenes Geld, keine eigene Unterschrift, keine freie Entscheidung: Das gilt für fast 59.000 Menschen in Österreich, sie sind "besachwaltet". 59.000 Betroffene seien zu viel, sagt Justizminister Wolfgang Brandstetter. Seit Anfang März hat das Justizministerium ein Modellprojekt gestartet, durch das die Selbstbestimmung älterer Menschen länger erhalten bleiben soll als bisher.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 19.3.2014
Soziale Einrichtungen als Clearing-Stellen
Bei der Volksanwaltschaft häufen sich die Beschwerden: Jemand fühlt sich zu früh und zu umfangreich "besachwaltet". die Betroffenen haben oft das Gefühl, dass die Falschen betraut werden. Der Sachwalter habe oft zu wenig Ahnung von den Lebensumständen des Betroffenen, oft kenne er ihn nicht einmal, so die Kritik. Doch das soll sich jetzt ändern, sagt Justizminister Wolfgang Brandstetter: "Es kann nicht im Interesse der Gesellschaft sein, dass immer mehr Menschen unter Sachwalterschaft gestellt werden. Das klare Ziel muss sein, die Selbstbestimmung so lange wie möglich zu erhalten."
Im Rahmen des Modellprojektes soll das Gericht nun bereits vor der Sachwalterbestellung ausgewählte soziale Einrichtungen als sogenannte Clearing-Stellen einbinden - und zwar verpflichtend und nicht wie bisher optional. So will man versuchen, die Betroffenen so zu unterstützen, dass sie die wesentlichen Entscheidungen noch selbst treffen können, sagt Brandstetter: "Ich habe das erlebt bei meiner Oma. Wir haben uns als junge Menschen lustig gemacht, weil wenn sie Krimi geschaut hat, hat sie immer kommuniziert mit den Darstellern und hat immer den Kommissar gewarnt. Sie war fest überzeugt, sie hat dem Kommissar mehrmals das Leben gerettet. Aber andererseits war sie wehr wohl in der Lage, ganz genau zu wissen, was sie auf dem Sparbuch hat, für ein Vermögen besitzt oder was sie tun muss."
Zu viele Klienten pro Anwalt
Nicht jeder, der in gewisser Form schrullig wird, müsse gleich besachwaltet werden. Oft helfe es, etwa einen Coach für die Finanzen zu engagieren oder jemanden, der sich um die Arzttermine kümmert. Auch bei den Kontakten zwischen Betroffenen und Sachwaltern gebe es jetzt noch Probleme, sagt ÖVP-Seniorensprecherin Gertrude Aubauer. Denn manche Rechtsanwälte hätten 50 und mehr Betroffene, was dazu führe, dass mancher seinen Sachwalter jahrelang nicht einmal zu Gesicht bekomme und vom vorgeschriebenen monatlichen Kontakt weit entfernt sei.
Auch Vorsorge-Vollmachten seien insbesondere für Personen ohne nahe Angehörige zu empfehlen, sagt der Obmann des Österreichischen Seniorenrates Andreas Khol. Denn damit werde nicht ein "Wildfremder" bestellt, sondern ein Verwandter, Freund oder Partner. Der SPÖ-Pensionistenverband begrüßt die geplanten Änderungen. Ziel müsse außerdem sein, dass sich ein Sachwalter um maximal zehn Personen kümmern dürfe.
An 17 Standorten in ganz Österreich wurde das Modellprojekt zur neuen Sachwalterschaft nun gestartet, es läuft bis zum kommenden Jahr. Bis 2016 soll eine Reform des Sachwalterschaftrechtes erarbeitet werden.