Slowenien wählt: Neueinsteiger als Favorit
Slowenien wählt am Sonntag ein neues Parlament. Ministerpräsidentin Alenka Bratusek ist Anfang Mai nach parteiinternen Streitigkeiten zurückgetreten. Ihr Vorgänger hat erst kürzlich eine Haftstrafe wegen Korruption angetreten und betreibt Wahlkampf aus dem Gefängis. Doch der klare Favorit der Wahl ist ein Politikneuling.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 12.7.2014
Isabella Ferenci
Favorit Cerar, Medienliebling Jansa
Miro Cerar ist den Slowenen als Verfassungsexperte und ruhiger Professor aus dem Fernsehen bekannt. Seine neugegründete "Miro Cerar Partei" wird allen Umfragen zufolge die stimmenstärkste Kraft werden. Miro Cerars größter Pluspunkt ist seine weiße Weste. Einige der führenden Politiker haben nämlich bei Korruptionsaffären viel an Glaubwürdigkeit verloren. Inhaltlich bietet Cerar im Wahlkampf nicht viel, meint der Politologe Marko Lovec von der Universität Ljubljana: "Sein Wahlprogramm ist nicht wirklich klar definiert oder konsequent. Er hat keine Lösungen parat für das Minus im Staatshaushalt oder die schwache Wirtschaft." In diesem Wahlkampf gehe es aber ohnehin kaum um Sachthemen, meint Lovec: "In den Medien diskutiert man nicht über verschiedene Parteiprogramme, meist geht es nur um Janez Jansa, der im Gefängnis sitzt.
Janez Jansa war mit seiner Rechtspartei Ministerpräsident. Er musste 2013 nach einem Misstrauensvotum wegen Korruptionsvorwürfen abtreten. Er wurde in Folge zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er von der Rüstungsfirma Patria neunhunderttausend Euro bekommen habe, damit das slowenische Heer deren Panzer kauft. Hunderte Unterstützer begleiteten Jansa Ende Juni zum Antritt seiner zweijährigen Haftstrafe. Sie sehen ihn als politischen Gefangenen, der früheren Machthabern der Linken aus kommunistischen und postkommunistischen Zeiten ein Dorn im Auge ist. "70% glauben, dass er schuldig ist. Nur seine Anhänger halten ihn für unschuldig - selbst wenn man ihn mit dem Geld in der Hand erwischen würde, würden sie das glauben."
Keine großen Erwartungen
Jansa führt einen sehr effektiven Märtyrerwahlkampf, der zweite Platz ist ihm sicher. Er bleibt auch Parteichef - ob eingesperrt oder in Freiheit: "Die Partei ist sehr hierarchisch, sie hat keine anderen Kandidaten für den Vorsitz. Er leitet sie seit zwanzig Jahren - die Partei ist Janezs Jansa." Viele slowenische Parteien seien ähnlich aufgebaut - nur auf einen Anführer oder eine Interessensgruppe zugeschnitten, erklärt Marko Lovec: "Meiner Meinung nach ist das eins der größten Probleme: die undemokratischen Strukturen der Parteien. Deswegen gibt es Protestbewegungen, und immer neue Parteien."
Bei der "Miro Cerar Partei" ist das nicht anders - obwohl Cerar eigentlich hauptsächlich demokratische Reformen verspricht: "Es ist paradox - aber sie versprechen später Ideen ins Zentrum zu stellen und den Namen der Partei zu ändern." Auch wenn viele Cerar unterstützen, glaubt kaum jemand in Slowenien, dass die nächste Regierung viel länger halten wird als die letzten drei Regierungen.