Barenboim: Schweigeminute für Nahost
Stimmen, die zur Versöhnung aufrufen, haben es schwer im Lärm der Kämpfe und der gegenseitigen Beschuldigungen gehört zu werden. Eine dieser Stimmen gehört Daniel Barenboim. Der Pianist und Dirigent hat einen israelischen und einen palästinensischen Pass. Am Mittwoch dirigierte er ein Konzert bei den Salzburger Festspielen. Es begann mit einer Schweigeminute.
26. April 2017, 12:23
Morgenjournal, 24.7.2014
"Zukunftskonzept fehlt"
Mit einer Schweigeminute eröffnete Daniel Barenboim das gestrige Konzert mit den Wiener Philharmonikern im Großen Festspielhaus. Sie galt den Opfern des Ersten Weltkriegs, der heuer thematisch im Mittelpunkt der Salzburger Festspiele steht, aber sicherlich auch den Toten, die derzeit täglich im Nahen Osten zu beklagen sind. Neben den menschlichen Schicksalen mache ihm auch der Umstand zu schaffen, dass offenbar niemand ein Zukunftskonzept für die Konfliktregion habe, so Barenboim.
Noch immer würden alle Seiten so tun, als handle es sich um einen Zwei-Parteien-Konflikt, der mit einem Kompromiss gelöst werden könne, sagt Barenboim. Doch das sei falsch, denn Israelis und Palästinenser würden nicht auf gleicher Augenhöhe agieren.
Musikakademie für Völkerverständigung
Statt den Konflikt militärisch oder politisch lösen zu wollen, müsse man die Menschen dazu bringen, sich in die Lage der jeweils anderen Volksgruppe hineinzuversetzen. Es gehe darum, die Fehler der Vergangenheit zu erkennen und endlich daraus zu lernen.
Im Kleinen versuche er das mit dem West-Eastern Divan Orchestra, in dem junge Menschen aus den verfeindeten Volksgruppen miteinander musizieren. Im ehemaligen Kulissendepot der Berliner Staatsoper, der Barenboim auch als Generalmusikdirektor vorsteht, entsteht zudem gerade eine Akademie für Völkerverständigung. Ab 2016 sollen dort Studierende neben einer Instrumentalausbildung auch ein Studium in Musik und Philosophie absolvieren können.
Mit dem West-Eastern Divan Orchestra kehrt Daniel Barenboim diesen Sommer noch einmal zu den Salzburger Festspielen zurück: Auf dem Programm stehen Auszüge aus Richard Wagners Oper "Tristan und Isolde".
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