Bibelkommentar zu Matthäus 13, 44 – 52

Vor ein paar Wochen habe ich mal wieder einen Flohmarkt besucht. Ich mag diese Mischung aus ausrangierten Dingen und Liebhaberstücken und vor allem die Atmosphäre des Grabens nach Schätzen. Ob man dabei etwas halbwegs Wertvolles findet oder nicht, lässt sich nicht vorhersagen.

Aber es besteht die Hoffnung, dass vielleicht doch eine passende Porzellantasse, ein einzigartiges Schmuckstück oder ein wieder in die Mode gekommenes Kleidungsstück darauf warten, gefunden zu werden.

Unter dem vielen Plunder etwas zu entdecken ist immer wie ein unerwartetes Geschenk. Ich kann nicht bestimmen, ob, was und wann ich etwas finde. Ebenso werden in diesem Evangeliumstext dem Mann der Schatz im Acker und dem Kaufmann die Perle geschenkt. Wie jeder Fund haben auch diese etwas von einem Geschenk an sich. Natürlich sind die beiden Männer im Gleichnis nicht ganz untätig. Und dennoch hätten sie unendlich graben und suchen können – wenn die Objekte ihrer Sehnsucht nicht existiert hätten, wären sie leer ausgegangen. In der Theologie spricht man dabei von Gnade. Damit ist gemeint, dass Gott immer zuerst handelt und auf mich zukommt. Ich kann darauf antworten aber ich bin nie die Initiatorin.

Eine Antwort fordert auch der Bibeltext von mir. Das tut er vor allem dadurch, dass er mir die beiden Männer vor Augen stellt, die alles für ihren Schatz aufgeben. Sie verkaufen alles, spielen auf volles Risiko, setzen alles auf diese eine Karte. Was im alltäglichen Leben vermutlich als vollkommen verrückt erscheinen würde, wird im Gleichnis ganz klar: Sie geben alles, weil es, und das symbolisieren die Schätze, um nichts weniger geht als das Reich Gottes. Gibt es etwas, wofür ich alles geben würde?

Dieser Bibeltext hält noch ein weiteres Reich-Gottes-Gleichnis bereit. In ihm werden die guten Fische von den schlechten getrennt. Es ist also nicht vollkommen gleichgültig an welchen Schatz ich mein Herz hänge. Es gilt zu unterscheiden, was es wert ist, dass ich alles dafür gebe.

Eine literarische Figur kommt mir hier in den Sinn: Gollum aus dem Buch „Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien. Auch er gibt für ein Schmuckstück, seinen „Schatz“ wie er ihn immer nennt, alles auf. Um an den Ring zu gelangen, tötet Gollum sogar seinen Cousin. Von da an gibt es für ihn nur mehr diesen einen, seinen Schatz. Er wird von ihm regelrecht besessen. Im Gegensatz zum biblischen Gleichnis führt ihn sein Schatz nicht zum Leben. Im Gegenteil – der Ring entmenschlicht ihn zusehends. Gollum wird dargestellt als hässliche Kreatur, ein Monster, das sich von rohem Fleisch ernährt. Auch wenn ihn sein Schatz über viele Jahrhunderte hinweg am Leben erhält, so ist es eher ein Vor-sich-hin-Darben als ein erfülltes Leben. Ich möchte den Vergleich nicht überstrapazieren, aber Gollum ist für mich so etwas wie der Antipode zu den beiden Männern in den Gleichnissen: Alle drei setzen ihr Leben aufs Spiel für den einen Schatz. Während Gollums Schatz zu Entfremdung und Einsamkeit führt, gewinnen die beiden Männer Leben in Fülle, das Reich Gottes.

Und ich? Ich suche und grabe weiter in der Hoffnung, dass mir der Schatz, der zum vollendeten Leben führt, auch einmal geschenkt wird und ich mir sicher bin, dass ich den einen Schatz gefunden habe.