Ein Jahr Asyl für Snowden in Russland
Vor etwas mehr als einem Jahr hat Edward Snowden im großem Stil vertrauliche Dokumente über die Datenausspähung der National Security Agency (NSA) und anderer Geheimdienste an die Öffentlichkeit gebracht. Dass Snowden ausgerechnet vom russischen Präsidenten Putin vor dem Zugriff der USA geschützt wird, ist Washington seit langem ein Dorn im Auge. Die USA fordern Snowdens Auslieferung wegen Geheimnisverrats. Russland lehnt seine Abschiebung ab.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 1.8.2014
Flucht vor US-Anklage
Die Odyssee des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden hat vor mehr als einem Jahr. Es war Anfang Juni 2013: Zeitungen in den USA und Großbritannien melden, der US-Geheimdienst NSA habe umfassenden Zugriff auf Kommunikationsdaten. Snowden offenbart sich im britischen "Guardian" als Quelle der Enthüllungen. Er war rund drei Wochen zuvor mit Geheimdokumenten von Hawaii nach Hongkong geflohen. Auf Hawaii war er als Mitarbeiter einer Beratungsfirma bei der NSA im Einsatz.
Noch im selben Monat berichten US-Medien, die USA hätten Anklage gegen ihn wegen Spionage und Diebstahls erhoben. Snowden fliegt daraufhin von Hongkong nach Moskau - und strandet dort. Nach der Annullierung seiner Papiere durch die USA hat er keinen gültigen Pass mehr und kann den Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo nicht verlassen. Es dauert bis 1. August: Snowden erhält für ein Jahr Asyl in Russland und kann den Flughafen nach wochenlangem Verwirrspiel verlassen. Sein Wohnort bleibt aus Sicherheitsgründen geheim.
Gerangel um Aussagen
In der Folge gelange n Aussagen Snowdens über Umwege an die westliche Öffentlichkeit: Ende Oktober trifft ihn der deutsche Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele in Moskau. Der US-Amerikaner erklärt sich bereit, Deutschland in Sachen NSA-Ausspähaffäre zu helfen. Im Jänner strahlt die ARD das nach eigenen Angaben erste Fernseh-Interview Snowdens nach dessen Flucht aus Hongkong aus.
Im März soll es Ernst werden: Der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags nimmt seine Arbeit auf. Snowden soll sich informell Treffen mit den Mitgliedern des NSA-Untersuchungsausschusses in Moskau treffen, lehnt aber ab. Er will in Deutschland vernommen werden. Union und SPD beschließen im NSA-Untersuchungsausschuss, Snowden per Video in Moskau zu vernehmen. Auch das lehnt der Enthüller ab.
Nun hat Snowden hat nach Angaben seines Anwalts Russland gebeten, sein Ende des Monats auslaufendes Asyl zu verlängern. Nunn wartet man auf eine Entscheidung. (Text: APA, Red.)
Enthüllungen über NSA (USA) und GCHQ (GB)
Internetüberwachung
Die NSA kann auf verschiedene Weise Informationen aus dem Internet abgreifen. Mithilfe des britischen Partnerdienstes GCHQ werden Daten direkt aus Glasfaser-Kabeln abgefischt. Agenten sollen sich auch in den Datenverkehr zwischen den Rechenzentren von Google und Yahoo eingeklinkt haben. Nach dem US-Auslandsspionagegesetz kann die NSA Zugang zu Nutzerdaten bei Internet-Konzernen beantragen. Dieses Programm heißt Prism.
Wenn Daten verschlüsselt durchs Netz geschickt werden, können Geheimdienste nicht einfach so mitlesen. Doch NSA und GCHQ können Medienberichten zufolge mehrere gängige Verschlüsselungstechniken knacken oder aushebeln, darunter die oft eingesetzte SSL-Technologie. Außerdem seien Schwachstellen in Verschlüsselungsverfahren eingeschleust worden.
Das Anonymisierungsnetzwerk Tor erlaubt Internet-Nutzern, ihre Spuren zu verschleiern. Der Geheimdienst sammle die Aufrufe von einigen zentralen Computern im Tor-Netzwerk, berichteten NDR und WDR. So könne der Geheimdienst herausfinden, von welchen Rechnern sich Menschen einwählen.
Abhören von Handys
Die NSA speichert laut "Washington Post" Ortungsdaten von mehreren Hundert Millionen Handys. Rund fünf Milliarden Datensätze kämen jeden Tag zusammen. Daraus lassen sich zum Beispiel Kontakte zwischen Menschen ablesen, wenn ihre Telefone sich zur selben Zeit am selben Ort befinden.
Eine NSA-Abteilung entwickelt Überwachungstechnik für Computer, Handys und andere Geräte. Dazu gehören Monitor-Kabel, über die man das Bild eines Monitors abgreifen kann, sowie Bauteile, die Zugriff auch auf Computer ohne Internet-Anschluss gewähren.
Die NSA hörte Angela Merkels Handy ab, wie der "Spiegel" enthüllte. Auch die EU-Vertretungen in New York und Washington waren laut "Guardian" im Visier des US-Geheimdienstes. Insgesamt sollen Telefone von 35 Spitzenpolitikern abgehört worden sein, darunter Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff.