Verhandlungen über Teil-Krankenstand
Inwieweit können Beruf und Krankheit miteinander vereinbar sein? Krebshilfe und andere Organisationen drängen schon lange auf eine Art Krankenteilzeit oder schrittweisen Wiedereinstieg. Im Herbst sollen dazu Verhandlungen zwischen dem Sozialministerium und den Sozialpartnern starten.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 11.8.2014
Vorbilder im Ausland
Wieder arbeiten, nach oder während einer Krebsbehandlung, mit einer chronischen Erkrankung oder nach einem Bandscheibenvorfall - für die Betroffen wäre das oft hilfreich und auch möglich, allerdings nicht Vollzeit. Doch dafür gibt es in Österreich bisher keine Modelle, sagt Arbeitsmarkt-Experte Thomas Leoni vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO): "In Österreich können derzeit die Ärzte Arbeitsfähigkeit und Nicht-Arbeitsfähigkeit unterscheiden, aber eben keine Teil-Arbeitsfähigkeit. Das ist in anderen europäischen Ländern bereits der Fall" - wie etwa in Schweden, dort gibt es einen Teilzeit-Krankenstand schon seit den 80er Jahren. Dort könne man die Arbeitszeit auf 75, 50 oder 25 Prozent verringern, gehe also teilzeit-arbeiten, bekomme eine Teil des Lohns von Arbeitgeber und den Rest über das Krankengeld vom Sozialversicherungssystem, bis zu einem Jahr lang.
Ähnliche Modelle gibt es auch in Norwegen, Finnland, und Dänemark, außerdem in der Schweiz, dort spielen sie aber eine untergeordnete Rolle. Und in Deutschland geht man einen überhaupt einen anderen Weg: Hier sind die Unternehmen bei langen Krankenständen seit 2004 verpflichtet, sich um den Wiedereinstieg zu kümmern: "Das heißt, dass nach sechs Wochen Krankenstand der Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer zugehen und ihm ein Angebot unterbreiten muss, um seine Rückkehr zu unterstützen. Hier kommt oft ein Modell zur stufenweisen Wiedereingliederung zum Einsatz."
In dieser Zeit gilt der Beschäftigte offiziell weiter als krank. Das heißt, er muss nicht, kann aber arbeiten, und er bekommt Krankengeld, kostet das Unternehmen nichts. Umgekehrt ist es in den Niederlanden, dort kann die Fortzahlung der Unternehmen bis auf zwei Jahre ausgedehnt werden.
Langwierige Diskussionen
Viele unterschiedliche Modelle also - eines davon 1:1 in Österreich zu übernehmen, sei nicht möglich, sagt der WIFO-Experte: "Das muss wirklich sehr eingehend geprüft und diskutiert werden, und auch den nationalen Gegebenheiten angepasst werden." Denn in österreich gibt es etwa eine längere Lohnfortzahlung als in vielen anderen Ländern. Die Frage, ab welcher Krankenstandslänge ein Teilkrankenstand einsetzen könnte, muss also erst geklärt werden. Zu klären ist auch die Frage, ob die Teilnahme freiwillig wäre und wer aller über einen etwaigen Teilkrankenstand entscheiden würde - nur der Arzt oder auch Behörden und Unternehmen. Die Interessen von Gewerkschaft und Wirtschaftskammer gehen hier wohl nicht Hand in Hand. Mit einem schnellen Abschluss der Verhandlungen dazu, die im Herbst starten, ist also nicht zu rechnen.