Deutsche debattieren über Waffenlieferungen
Grünes Licht zwar für EU-Waffen an kurdische Kämpfer - doch eine gemeinsame Haltung zu Waffenlieferungen haben die EU-Staaten nicht gefunden. Einige Länder sind strikt dagegen, andere Länder wie Frankreich, Italien und Tschechien wollen Waffen liefern. Viele Staaten haben noch keine klare Haltung, darunter auch Deutschland, wo Waffenlieferungen in Krisengebiete eigentlich ein absolutes Tabu sind.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 13.8.2014
"Bis an die Grenzen gehen"
Noch am Montag hat ein deutscher Regierungssprecher Waffenlieferungen in Krisengebiete kategorisch ausgeschlossen - doch inzwischen gibt es sehr deutlich Anzeichen dafür, dass die deutsche Regierung dabei ist, ihren Kurs zu ändern. "Wir erklären in diesen Stunden im Verteidigungsministerium in enger Abstimmung mit dem Außenministerium, wie wir helfen können, nicht nur mit humanitären Gütern, sondern auch mit nicht-letaler Ausrüstung", sagt die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Der von ihr angesprochene Außenminister Frank-Walter Steinmeier geht noch einen Schritt weiter. Er sei angesichts der dramatischen Lage dafür, "bis an die Grenzen des politisch und rechtlich Machbaren zu gehen" - so Steinmeier heute in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Das ist erstaunlich für den immer so vorsichtig formulierenden Politiker.
Wo diese Grenzen liegen hat Steinmeiers Parteifreund, der für Rüstungsexporte zuständige deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel gestern so auf den Punkt gebracht: "Die Richtlinie für Rüstungsexperte schließt den Rüstungsexport in Spannungsgebiete, in Krisenregionen aus. Es sei denn, es gibt ein besonders begründetes Sicherheitsinteresse. Dann allerdings darf so etwa nur an eine legitimierte Regierung erfolgen. Es gibt derzeit Schwierigkeiten, zu erkennen, wer ist die legitimierte Regierung im Irak."
"Für Diskussionen keine Zeit"
Das Reizwort, das jetzt Bewegung in die deutsche Debatte bringt heißt: Völkermord. Auch die Verteidigungsministerin weiß, dass ihr Ausrüstungsangebot angesichts der Grausamkeiten, die den Jesiden angetan werden, möglicherweise zu kurz greift. Von der Leyen: "Wenn wir tatsächlich einen Genozid sehen und befürchten, den keiner stoppen kann, dann muss diese Debatte auch in Deutschland geführt werden, ob wir nicht mehr tun können."
Der deutsche EU-Parlamentarier Elmar Brok geht viel weiter: Für Diskussionen sei keine Zeit, sagt er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk: "Da geht es um Stunden und Tage. Und deswegen glaube ich, dass man schnell tätig werden muss. Auch in Absprache und Arbeitsteilung, wer was liefert." Und genau auf diese Arbeitsteilung wird in Berlin gesetzt. Deutschland ist froh, dass andere Waffen liefern, und will selbst unterhalb dieser Schwelle, alles beitragen, was von den USA und den EU-Partnern gewünscht wird. Eine Abkehr vom Prinzip, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, wäre ein grundlegender Wandel deutscher Außenpolitik - und das geht nicht ohne Zustimmung des Parlaments.