Kritik an Abschiebung eines Syrers
Österreich hat sich bereit erklärt, 1.500 syrische Flüchtlinge in einer humanitären Aktion aufzunehmen. Rund 450 sind bisher nach Österreich gekommen. Zugleich ist jetzt der Fall eines Syrers bekannt geworden, der nach einem Suizidversuch in Österreich nach Ungarn zurückgeschoben worden ist. Solche Rückschiebungen gehören zwar zur europäischen Asylpraxis, in diesem Fall hätte es aber nicht sein müssen, heißt es bei Amnesty International.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 25.8.2014
"Abschiebung ist Menschenrechtsverletzung"
Mit dem Boot und weite Strecken zu Fuß ist Ahmed, der seinen richtigen Namen nicht nennen will, geflüchtet - über die Türkei, Griechenland, Mazedonien und Serbien. Anfang Februar wurde er in Ungarn aufgegriffen. Nach fünf Tagen verlässt Ahmed Ungarn und stellt in Österreich einen Asylantrag. In Ungarn habe er es nicht länger ausgehalten, außerdem hat er Familie in Österreich. Heinz Patzelt von Amnesty International beschreibt den Umgang mit Flüchtlingen in Ungarn als "letztklassig". Er verstehe jeden, der dort weg will, weil er unter diesen Verhältnissen dort nicht leben kann. "Das ist ein Wegsperren unter völlig menschenunwürdigen Bedingungen. Wenn Österreich einen Flüchtling nach Ungarn zurückschickt, dann verletzt Österreich die Menschenrechte dieses Menschen."
Als Ahmed Ende Juni nach Ungarn zurückgeschoben werden soll, begeht er einen Suizidversuch. Mit der Diagnose "posttraumatiche Belastungsstörung" kommt er in die Psychiatrie. Wenige Wochen nach seiner Entlassung wird er von zwölf Polizisten in der Wohnung seiner Schwester abgeholt, in Boxershorts und Handschellen abgeführt und an die Grenze nach Ungarn gebracht. Jetzt ist er in einem ungarischen Flüchtlingsheim untergebracht. Dort hält er es kaum aus und denke jeden Tag an Selbstmord, erzählt er.
"Perverses Völkerballspiel"
Heinz Patzelt kann das Vorgehen der Behörden nicht verstehen: "Wir haben auf der einen Seite zugesagt, das wir syrische Flüchtlinge aufnehmen, das tröpfelt langsam vor sich hin, weil die Entscheidungen so schwer zu treffen sind. Dann gibt es Betroffene, die genau in das Schema passen, und mit denen fangt man dann an, über die Grenze Völkerball hin und her zu spielen. Das ist menschenrechtlich pervers, was Österreich hier tut."
Laut dem "Dublin-System" müssen Flüchtlinge in dem Land um Asyl ansuchen, in dem sie die EU zum ersten Mal betreten haben. Deshalb ist Ungarn für Ahmeds Asylverfahren zuständig. Trotzdem hätte Österreich in diesem Fall auch rechtlich die Möglichkeit gehabt, ihn aufzunehmen, sagt Patzelt: Denn wenn es einen Familienbezug gibt, dürfe auch das Zweitland eintreten. Österreich könnte also auch auf Basis der Gesetze menschenrechtskonform handeln. Das Dublin-System sei verwaltungstechnisch extrem aufwendig, teuer und schaffe menschenunwürdige Bedingungen, so Patzelt. Wenn Österreich die Genfer Flüchtlingskonvention nur irgendwie ernst nimmt, dann müsse jeder syrische Flüchtling aufgenommen werden.
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