Gaza: Neue Waffenruhe hält vorerst

Auf Entspannung stehen die Zeichen seit gestern Abend im Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Man hat sich auf eine unbefristete Waffenruhe geeinigt. Nach palästinensischen Angaben sollen die israelische Blockade des Gazastreifens aufgehoben und die Grenzübergänge zu Israel und Ägypten geöffnet werden.

Morgenjournal, 27.8.2014

Freudengesänge in Gaza

Ab 19 Uhr Ortszeit kamen die Hamas-Granden aus den Bunkern hervor, um in Gaza ein Bad in der Menge zu nehmen – das war das klare Zeichen dafür, dass die Waffenruhe diesmal halten würde und dass die Kämpfe nach 50 Tagen wirklich beendet sind. Angesichts der katastrophalen Zerstörungen wirkten die Freudengesänge und die Victory-Zeichen etwas gezwungen: "Heute ist es den Frauen von Gaza und den Kindern von Gaza und den Alten von Gasa gemeinsam mit der Führung gelungen", sagt Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri, "durch ihre standhafte Haltung mit vereinten Kräften, durch die wunderbare, sagenhafte Einigkeit, diesen gewaltigen Sieg zu erringen."

Kurz zuvor hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der von Anfang an den ägyptischen Vermittlungsvorschlag unterstützt hatte, in Ramallah als erster offiziell verkündet, es werde „eine umfassende und dauerhafte Waffenruhe“ zwischen Israel und den radikalen Palästinensergruppen im Gasastreifen geben.

Auf der israelischen Seite berief Premier Benjamin Netanjahu keine Kabinettsitzung ein, denn er hätte da vielleicht keine Mehrheit bekommen, sondern er informierte seine Minister einzeln telefonisch von der Waffenruhe. Am Dienstag hatten die Palästinenser noch mehr als 100 Raketen und Granaten auf Israel abgefeuert, nur eine Stunde vor der Waffenruhe wurden zwei Menschen durch einen Granateneinschlag in einem grenznahen Dorf getötet. Die israelische Luftwaffe hatte am letzten Tag noch viele Ziele im Gasastreifen angegriffen, dabei wurden zwei Palästinenser getötet.

Keine politischen Gewinne

In den vergangenen Wochen waren mehrmals Feuerpausen von jeweils bis zu einigen Tagen verkündet worden, die aber jedes Mal von der Hamas entweder gebrochen oder nicht verlängert wurden. Zuletzt hatten die Palästinenser am Dienstag voriger Woche durch Raketenangriffe einige Stunden vor Ablauf einer Feuerpause die Verhandlungen in Kairo zum Stillstand gebracht. Danach hat die Hamas aber besonders schwere Schläge einstecken müssen und anscheinend politisch keine Gewinne herausholen können – die Ägypter dürften ihren Vorschlag nicht zugunsten der Hamas verändert haben. Als einzige wichtige Sofortmaßnahme ist vorgesehen, dass mehr Waren in den Gazastreifen fließen sollen, aber wohl nach wie vor unter israelischer Kontrolle. Hingegen hat die Hamas keine feste Zusage für die Errichtung eines Seehafens und eines Flughafens bekommen, was ihr erklärtes Hauptziel gewesen war. Auch die Forderungen der Hamas nach Geldmitteln für Beamtengehälter und nach der Freilassung von Gefangenen werden zunächst offenbar nicht erfüllt. Über all das soll erst in einem Monat verhandelt werden, mit ungewissem Ausgang.

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