EU ringt um Ideen zur Konjunkturbelebung

Nicht zuletzt der europäische Sparzwang hat die französische Regierung in die Knie gezwungen. Seit Monaten drängen Frankreich und Italien die Euro-Partner nach einem Lockern der geltenden Defizitregeln, da sie nach wie vor mit den Folgen der Wirtschaftskrise zu kämpfen haben. Doch nicht nur die nördlichen Euroländer, sondern auch Spanien und Portugal erteilen diesen Forderungen eine Abfuhr.

Mittagsjournal, 27.8.2014

Druck auf Deutschland

Kritik an Europas Sparpolitik kommt einem Sakrileg gleich - Arnaud Montebourg hat's gewagt und mit seinem Posten als französischer Wirtschaftsminister bezahlt. Wenngleich er sich auch nicht geschickt angestellt hat, denn Montebourg beschuldigte unverblümt die deutsche Bundesregierung, ganz Europa ihre Sparpolitik aufgezwungen zu haben. Frankreich, die zweitgrößte Volkswirtschaft in der EU kämpft mit dem ausbleibenden Wirtschaftswachstum, hoher Arbeitslosigkeit und zu hohem Haushaltsdefizit. Deutlich eleganter verpackt die Chefin des Internationalen Währungsfonds ihre Kritik. Christine Lagarde rüttelt zwar nicht am Sparkurs, verlangt aber in einem Interview mit dem Schweizer Rundfunk RTS von Deutschland mehr Engagement, um die wirtschaftliche Erholung in Europa voranzutreiben: "Ich denke, es ist sehr wichtig, dass Deutschland sich intensiv am Aufschwung beteiligt. Deutschland hat dazu die Mittel." Höhere Löhne, so Lagarde mit Blick auf laufende Tarifverhandlungen, seien ein Schritt in diese Richtung - ähnliche Maßnahmen regt auch immer wieder die EU-Kommission für Deutschland an.

Merkel: "Missverständnis"

Frankreich hat einen starken Partner, wenn es um Kritik am Europäischen Sparkurs geht - Italien, ebenso eine der wichtigsten Volkswirtschaften in Europa, greift jedoch zu anderen Mitteln. Die Regierung in Rom drängt auf eine Neuberechnung des Defizits. Die Drei-Prozent-Defizit-Grenze soll zwar eingehalten werden, aber bestimmte Investitionen wie etwa in die digitale Infrastruktur sollen herausgerechnet werden. Ein Rechentrick, der auf das Prinzip Wirtschaftswachstum auf Pump hinausläuft, das die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel abermals ablehnt: "Es gibt ein Missverständnis: Es wird immer gesagt, für Wachstum braucht man immer mehr Geld. Aber das ist gar nicht immer der Fall. Man kann durch weniger Bürokratie, Erweiterung des Binnenmarktes, durch Freihandelsabkommen, Investitionen in Forschung und Entwicklung sehr wohl auch Wachstum erzeugen."

Sondertreffen am Samstag

Der Streit um den Sparkurs spaltet jedoch nicht ganz Europa. Und es ist auch keine Nord-Süd-Konfrontation. Denn Länder, die unter dem Sparzwang immer noch leiden, wie Portugal und Spanien unterstützen die Forderungen aus Italien und Frankreich nicht, wie der spanische Regierungschefs Mariano Rajoy festhält: "Wir müssen an der Haushaltskonsolidierung festhalten. Die Spanier haben große Anstrengungen übernommen - die substanzielle Erholung unserer Wirtschaft beweist, dass sich das ausgezahlt hat."

Dennoch werden die Anhänger des Sparkurses auch den Gegnern entgegenkommen müssen. Immerhin ist in Frankreich eine Regierung am Sparzwang zerbrochen. Und instabile politische Partner bergen angesichts der Vernetzung der Wirtschaft ein erhebliches Potential. Das Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs am Samstag wird um diese Frage deshalb kaum herumkommen.