Bericht "Bildung auf einen Blick"

Lob und Tadel gab es heute für die österreichische Schul- und Hochschulpolitik. Am Vormittag wurde in Paris der OECD-Bericht "Bildung auf einen Blick" präsentiert. Darin schneidet Österreich, wie jedes Jahr, in einigen Kategorien nur mäßig ab. Dazu gehören die niedrige Akademikerquote, die schlechten Lesekompetenzen bei Erwachsenen und die schlechten Aufstiegschancen für Kinder aus bildungsfernen Familien.

Mittagsjournal, 09.09.2014

Mehr als 700 Seiten umfasst die Analyse der OECD zum weltweiten Stand der Bildung in diesem Jahr. Und auch in der aktuellen Ausgabe von "Bildung auf einen Blick", in der das Jahr 2012 untersucht wurde, gibt es nicht nur Kritik, sondern auch positive Rückmeldungen für Österreich. Dazu gehört das gute schulische Berufsbildungssystems und die hohe Anzahl von Jugendlichen, die sich in Lehre befinden. Österreich belegt hier unter den 34 OECD-Ländern den zweiten Platz. Für die Autoren der Studie ist das ein Grund für niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Österreich, erläutert der Bildungsforscher Andreas Schleicher der OECD: "Das hat sich gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise enorm bewährt. Da haben auch viele andere europäische Länder auch sehr auf Österreich geschaut."

Grund zur Sorge gibt Schleicher vor allem die niedrige Akademikerquote in Österreich, ein bekannter Kritikpunkt. Hochschulabschlüsse würden immer wichtiger als Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt. Hier hat es zwar Verbesserungen gegeben, doch es besteht nach wie vor Nachholbedarf, sagt der OECD-Experte: "Davon hängt die Produktivität Österreichs in entscheidendem Maße ab. Das sieht man auch daran, dass der Einkommensvorteil einer solchen Ausbildung immer noch weiter gestiegen ist. Das heißt Menschen, die eine Spitzenqualifikation haben, haben es in Österreich sehr viel besser."

In diesem Zusammenhang wird von der OECD erneut die starke Bildungsvererbung in Österreich kritisiert. Nur 29 Prozent der Erwachsenen haben einen höheren Bildungsabschluss als ihre Eltern. In punkto soziale Mobilität durch Bildung befindet sich Österreich damit am Ende des Rankings. Und anders als in der Mehrheit der OECD-Länder sind Frauen hierzulande stärker benachteiligt als Männer. Die Bildungs- und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek spricht sich deswegen für Ganztagsbetreuung aus und das bereits in der Volkschule: "Wenn man schon von Beginn an anbieten würde ein sinnvolles Abwechseln von 'ich hol das auf, was ich daheim vielleicht nicht kriegen kann', nämlich Lernen, Üben, Unterricht, Sport, Kreativität, dann wäre das glaub ich eine politische Antwort."

Eine Forderung, der sich der Bildungsforscher Andreas Schleicher anschließt. Der internationale Vergleich habe den Erfolg solcher Ganztagskonzepte gezeigt: "Da gelingt es dann besser Defizite auszugleichen, aber auch Talente zu finden und zu fördern. Gerade in der Schule werden die Grundlagen für spätere Chancengerechtigkeit ja auch entscheidend gelegt."

Solche Maßnahmen könnten sich auch positiv auf die Lesekompetenzen bei Erwachsenen auswirken. In "Bildung auf einen Blick" konnten nur 13 Prozent der 25- bis 34-jährigen Österreicher in diesem Bereich gute Bewertungen erreichen.