Die "Café Sonntag"-Glosse von Severin Groebner

Gscheid gfreid

Bayern ist schön. Auch wenn es für den Österreicher zunächst ein Paradoxon darstellt. So spricht der Bayer zwar eine verständliche Sprache, also kein Hochdeutsch, behauptet aber standhaft, ein "Deitscha" zu sein. Also ein Piefke. Das ist verwirrend. Dieses Misstrauen verwandelt sich aber sofort in eine unzertrennliche Bruderschaft voll Liebe und Respekt, sollte zu dem Bayern und dem Österreicher noch ein Berliner, Hamburger oder Kölner dazustoßen und meinen, "dat wir doch alle aus demselben Stall kommen".

Neben zahlreichen Gemeinsamkeiten - der bayrische "Zipfeklatscher" ist zum Beispiel das, was der Wiener liebevoll "Peidlpracker" nennt - gibt es auch gravierende Mentalitätsunterschiede. In München gilt zum Beispiel: "Wer ko, der ko". In Wien aber: "Wer wos kaun, der kaun mi amoi."

Geographisch bildet die nördliche Grenze Bayerns in etwa der Fluss Main, benannt nach dem liebsten Possessivpronomen der örtlichen Bevölkerung. Im Süden hingegen die Alpen. Deren höchste Erhebung in Bayern ist die - seit einem Kooperationsvertrag zwischen der Bayrischen Landesregierung und der deutschen Lokführergewerkschaft - sogenannte "Zugspitze". Laut Durchsagen am Bahnsteig befindet sich in deren Richtung zumeist die Erste Klasse.

Nach München sind die wichtigsten Städte Bayerns Augsburg, Nürnberg und Hintertupfing. Augsburg und Nürnberg wurden nach einer Wurst beziehungsweise einem Prozess benannt, und Hintertupfing ist zwar sehr berühmt, allerdings in seiner Lage nicht eindeutig zu bestimmen. Meist liegt es dort, wo man gerade nicht ist. Sicher jedoch ist, dass eine Städtepartnerschaft zwischen Hintertupfing und Hinterpfuiteifi besteht.

Die Bayern sind zu 90 Prozent strenggläubige Buddhisten. Die zentralen Glaubenssätze des bayrischen Buddhismus lauten: "Schau ma mal, dann seng ma scho", "scho schee scho" und "da könnt ja a jeder kumman!". Der Bayrische Buddhismus wird - soweit es das Wetter zulässt - am liebsten im Freien praktiziert. In den sogenannten "Biergärten" versammeln sich die Gläubigen zu einem rituellen Mahl, das auf blau-weißen Gebetsdecken zu sich genommen wird und meist in der Verehrung und Verzehrung des heiligen Tiers der Bayern, des Schweins, gipfelt.

Im Zuge dieses Rituals erreichen die Bayern nicht selten die höchste Stufe der göttlichen Entrückung und werden zu einem sogenannten "Bierdimpfl". Menschen in diesem tranceartigen Zustand befinden sich in einer Phase der körperlichen Gelassenheit bis zum Umfallen, die nicht selten mit völligem Sprachverlust verbunden ist.

Trotz der Eingliederung in Restdeutschland ist Bayern zwar scheinbar seiner Selbständigkeit beraubt (vergleiche: Tibet), neigt aber dennoch wie viele buddhistische Gesellschaften zur Ein-Parteien-Diktatur. Insofern gilt nach wie vor der Achternbusch-Satz: "Die Bayern sind alles Anarchisten, die zu 60 Prozent die CSU wählen."

Und deshalb ist Bayern schön. Und wer etwas anderes sagt, kriegt a Maß Bier am Schädel, denn das entspricht dem buddhistischen Ideal der "Gemütlichkeit", das im Glaubenssatz "Mir san mir!" gipfelt. Aber das kennen wir ja von Zuhause.