Kronzeugen: Refomrufe werden lauter

Die Kronzeugenregelung sollte helfen, mehr Korruptionsfälle aufzudecken. Doch nur in einem Fall, nämlich im Telekom-Austria-Skandal ist das auch gelungen. Das sorgt für Unzufriedenheit, und so wird die Kronzeugenregelung jetzt wissenschaftlich evaluiert. Anwälte fordern eine Attraktivierung der Regelung und bekommen dafür teilweise Unterstützung von Experten.

Mittagsjournal, 10.10.2014

Risiko zu hoch

Eigentlich habe sich die Kronzeugenregelung schon ausgezahlt, findet der Uni-Professor für Wirtschaftsrecht Robert Kert. Nämlich weil dadurch der Telekom-Skandal aufgeklärt werden konnte. Aber Kert wünscht sich eine Verbesserung und Attraktivierung, denn die Schwäche der aktuellen Regelung liege darin, "dass der Täter der auspackt, keinen Rechtsanspruch auf die Einstellung des Verfahrens bzw. auf die Kronzeugenregelung hat." Vielmehr müsse er sehr lang warten und gehe dabei ein hohes Risiko ein, dass er trotzdem bestraft wird. Diese Schwächen könnten mit ein Grund sein dafür, dass es derzeit bei den Staatsanwaltschaften nur drei Kandidaten geben dürfte, die Kronzeugen werden könnten, meint Kert.

Ähnlich wie der Rechtsanwalt Stefan Prochaska, der den Telekom-Kronzeugen Gernot Schieszler vertritt, wünscht sich auch Wirtschaftsrechtler Kert eine Neuregelung, nämlich "dass der potenzielle Kronzeuge, möglichst solange er noch anonym ist, einmal grob offenlegt, welche Beweise und Informationen er vorlegen kann." Dann könne man ihm unter Einbeziehung von Gericht und Staatsanwaltschaft mitteilen, ob das für die Kronzeugenregelung ausreicht oder nicht.

Mehr Klarheit nötig

Ein Gericht bei der Vereinbarung des Kronzeugenstatus einzubeziehen, könne beitragen zu verhindern, dass ein Kronzeuge jemanden einfach vernadert und dabei selbst straffrei bleibt. Genau das befürchtet der Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs, er sieht die Kronzeugenregelung grundsätzlich skeptisch. Entweder sollte man sie abschaffen oder ordentlich regeln, fordert er: "Man sollte meiner Ansicht nach auf die ganze Regelung verzichten. Aber wenn man sie haben möchte, dann muss man sie von vornherein klar machen." Es müsste von vornherein feststehen, dass eine bestimmte Aussage zur Straffreiheit führt. "Nur so wird man eine wirklich wirksame Regelung erzielen", so Fuchs. In dem Punkt ist Fuchs also einig mit dem Wirtschaftsstrafrechtler Kert.

Auch der Präsident der Staatsanwältevereinigung Gerhard Jarosch hat sich - allerdings nur via Twitter - zu Wort gemeldet. Er sieht keinen Änderungsbedarf, die Kronzeugenregelung sei nie für viele Fälle gedacht gewesen - sondern für einzelne Korruptionsfälle. Allerdings läuft die derzeitige Regelung 2016 aus, sie müsste also entweder vom Parlament verlängert oder abgeändert werden.