Das Leben am Rande der Milchstraße

Bernhard Ganders Sitcom-Oper

Optimierung, Flexibilisierung, Effizienzsteigerung, Rentabilität! Das verschlafene, in Österreich angesiedelte European Bureau of Future mit Sitz in der Milchstraße 142a soll modernisiert und vor der Schließung gerettet werden.

Eine Brüsseler Abordnung trifft daselbst auf einen Büroleiter mit strengen Prinzipien, eine Chefsekretärin, die nicht so genannt werden möchte, einen jungen Mann (Jungfrau mit allem, was dazu gehört) sowie eine junge Dame (Prinzessin ohne Erbsen), die sich als Revolutionsexpertin vorstellt. Laissez-faire und ein wenig Chaos, dazu lauter Individualist/innen, das ist der erste Eindruck, den das European Bureau of Future bei den beiden Evaluationsspezialisten aus Brüssel erweckt. Da ist auf dem Weg zu einer effektiv produzierenden Kreativwirtschaft ganze Arbeit zu leisten.

Impulse von Comic, Film und Heavy Metal

Das Libretto zu "Das Leben am Rande der Milchstraße" haben Johannes Heide und Christa Salchner verfasst. Die strenge Form der Sitcom haben sie dabei übernommen. Ja, richtig, Sitcom, das Format der beliebten Fernsehserien ist gemeint. Der Komponist Bernhard Gander hat eine Sitcom-Oper, wie er es nennt, geschrieben. Gander ist bekennender Heavy-Metal-Fan. Doch nicht nur von Heavy Metal lässt er sich immer wieder für seine Kompositionen inspirieren. Auch Comics oder Filme können Impulsgeber für ein neues Werk sein.

Gander geht es dabei jedoch keineswegs um eine Grenzauflösung zwischen Pop und Kunst oder gar um simplen Beat. Er lässt die jeweiligen Funktionen und Qualitäten von Pop und Kunst für sich bestehen. Direkte Zitate aus der Populärkultur kommen bei ihm selten vor – und wenn, dann sehr versteckt, bearbeitet, in völlig anderem Gewand. Meist ist es eher die Energie des Heavy Metal oder ein Bild eines Comics, die er abstrakt als kompositorische Gestaltungsmittel oder strukturelle Elemente verwendet.

Strenge Form und schneller Rhythmus

"Die strenge Form und der schnelle Rhythmus einer Sitcom kommen meinem musikalischen Denken sehr nahe", schreibt Bernhard Gander. Zusätzlicher Anreiz für ihn war es, dass politische, soziale oder persönliche Themen nicht schulmeisterlich belehrend vermittelt, sondern in einer Komödie verpackt werden.

Aus der Operngeschichte selbst mag dies an eine Opera buffa erinnern. Und so darf man gespannt sein, welche Inspirationen Gander neben der strengen Form und der Idee der Situationskomik an sich für seine Sitcom-Oper aus dem "Fernseh-Original" übernommen, abgeleitet oder in seine eigene, spezifische Klangwelt transformiert hat. Gander gibt einen kleinen Einblick in
sein musikalisches Konzept:

"In der Musik gibt es eine klar wiederkehrende Signation und meist kurze (manchmal auch längere) Musikteile. Personen erhalten klare Charakterzüge - durch die Musik anhand von Leitmotiven oder durch ihnen zugeordnete Instrumente. Zugespielte Lacher fehlen mit Absicht."

Die Hörempfehlung des Komponisten: "Man darf nicht erwarten, dass ich Mozart übertrumpfen will oder dass es eine Anti-Oper oder etwas ähnlich Provokantes wird. Nein! Am besten ist es, sich unvorbereitet hinzusetzen und zu hören und zu schauen."

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Wien Modern - Das Leben am Rande der Milchstraße
Bernhard Gander