USA: Wahlkampf um die Frauen

In den USA finden morgen „Midterm Elections“ statt: alle vier Jahre, mitten in der vierjährigen Amtszeit des US-Präsidenten, wählen die Amerikaner das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren neu. Laut jüngste Umfragen könnten die Republikaner die Mehrheit in beiden Parlamentskammern übernehmen - für den bisher demokratisch beherrschten Senat fehlen ihnen dafür nur sechs Sitze. Um einen dieser Sitze wird im US-Bundesstaat Iowa besonders heftig gekämpft - dort könnte die Republikanerin Joni Ernst die allererste Senatorin werden. Eine Wählergruppe ist mitentscheidend: die Frauen.

Mittagsjournal, 3.11.2014

Aus Iowa,

Es ist ein Wahlkampf mit zwei Gesichtern, den die 44jährige Republikanerin Joni Ernst in Iowa führt. Das ist Joni Ernst, die die Männer ansprechen soll: die Soldatin, die im Irakkrieg war, die am liebsten auf ihrer Harley fährt, und weiß, wie man mit einem Maschinengewehr umgeht. Und das ist Joni Ernst, die Frauen ansprechen soll: Mutter dreier Töchter, die Umarmungen geben als Hobby angibt, und in einem Fernsehspot das US-Budget mit einem Keksrezept vergleicht.

Ein nicht gerade klischee-armer Gegensatz – der Joni Ernst aber zur perfekten Kandidatin für die republikanische Partei macht, sagt Rachel Paine Caufield, Politologin an der Drake University in Des Moines: Die Republikaner haben seit Jahren ein Problem mit der weiblichen Wählerschaft, sie vertreten Einstellungen, die für viele Frauen einfach nicht mehr tragbar sind, vor allem, vor allem bei sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftspolitisch Themen. Aber sie haben dieses Problem erkannt und stellen immer mehr Frauen auf.

Joni Ernst ist ein perfektes Beispiel für die Art von Frau, die die Republikaner ansprechen wollen: sie ist finanzpolitisch konservativ, und ihre Vergangenheit als Soldatin erlaubt ihr, bei Themen mitzumischen, die als männlich gelte.
Dementsprechend beliebt ist sie bei den Männern – Umfragen zufolge könnte jeder sechste Mann morgen Joni Ernst wählen: Sie hat die Führungskraft, die wir in Washington brauchen, damit dieses Land nicht den Bach runter geht. Sagt der 50jährige John, Sie kann Männer anführen, das hat sie als Soldatin bewiesen. Und sie steht für eine starke Außen- und Sicherheitspolitik.

Schwerer tut sich Joni Ernst aber mit den Frauen. Zwar wählen Amerikanerinnen traditionell eher demokratisch – doch auch bei den Wechselwählerinnen ist die Skepsis groß: Ich mag Joni Ernst eigentlich nicht, sagt die 40jährige Supermarktangestellte May, die bisher immer republikanisch gewählt hat. Sie ist gegen den Mindestlohn, sie glaubt tatsächlich, dass eine Familie in Iowa mit 15.000 Dollar im Jahr auskommen kann – das ist unmöglich.Ich verstehe nicht, was die Republikaner gegen Obamacare haben, sagt die Landwirtin Elizabeth – ich bin jetzt versichert, mir hilft es.

Dass Joni Ernst die erste Frau wäre, die Iowa in den US-Kongress wählt, das beeindruckt hier in Iowa niemanden – vor allem nicht die Demokratinnen: Joni Ernsts Ansichten sind rückständig, sagt die 16jährige Schülerin Maggie. Wenn sie gewählt wird, wird das alle Errungenschaften der Frauen zurückwerfen. nur weil man eine Frau ist, heißt das nicht, dass man anderen Frauen das Leben verbessert. - Ich würde mich freuen, wenn es mehr Frauen in der Politik gäbe, und ich wünschte, es gebe eine Demokratin bei dieser Wahl. Aber mir geht es um die Inhalte, nicht um das Geschlecht.

Noch hat Bruce Braley, der demokratische Kandidat in Iowa, eine Chance auf den Senatssitz – doch dafür muss er genau die Frauen zur Wahlurne bringen. in den vergangenen Wochen hat Braley genau dafür prominente Unterstützung bekommen – von den weiblichen Superstars der demokratischen Partei. First Lady Michelle Obama, Senatorin Elizabeth Warren,– und der ehemalige Außenministerin Hillary Clinton: Es reicht nicht, eine Frau zu sein, beschwört Clinton vergangene Woche hunderte Anhänger in Iowa. Es geht darum, Frauenrechte zu verteidigen! Wollt ihr wirklich, dass euch jemand verbietet abzutreiben, auch wenn ihr vergewaltigt wurdet? Wollt ihr, dass Verhütungsmittel teurer werden? Wollt ihr eine Kandidatin, die sich gegen gleiche Bezahlung für Männer und Frauen ausspricht?

Geht wählen! ruft Hillary Clinton. Und man ahnt: im Rennen zwischen Joni Ernst und Bruce Braley können ausgerechnet dem Mann nur mehr die Frauen helfen.