EZB übernimmt Bankenaufsicht

Heute ist Start für eines der größten EU-Projekte der letzten Jahre. Die EZB, die Europäische Zentralbank, übernimmt die Aufsicht über die größten Banken der Euroländer. Die gemeinsame Aufsicht ist eine Konsequenz der Finanzkrise. Da haben nationale Aufsichtsbehörden bei Bankenproblemen oft zu lange ein Auge zugedrückt. Die EZB hat versprochen, dass das jetzt besser wird.

Morgenjournal, 4.11.2014

Die Vorarbeit ist getan. In den letzten Monaten haben tausende Prüfer die Bilanzen der europäischen Banken durchforstet und die größten darunter auf ihre Krisenfestigkeit getestet. Wenn die EZB, die Europäische Zentralbank, heute die Aufsicht über rund 120 europäische Großbanken übernimmt, will sie nicht von Leichen im Keller überrascht werden.

Ein Bankencheck, so penibel und genau wie noch nie, sagt der Ökonom von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel, Guntram Wolff.

Nichts weniger als eine Kulturwende soll damit eingeläutet werden. Die Zuständigkeit für die Bankaufsicht weg von den nationalen Behörden hin zur EZB. Für die Euroländer die größte Aufgabe von nationaler Souveränität seit der Einführung der gemeinsamen Währung. Ein Schritt, gegen den sich die Eurostaaten lange gewehrt haben, sagt der Chef der Euro-Arbeitsgruppe, Thomas Wieser. Aber die Souveränitätsverluste seien besser für alle nach der Krise.

Das Wegschauen hatte Folgen. Mit 1.600 Milliarden Euro haben Europas Steuerzahler die Banken in den ersten Jahren der Finanzkrise gestützt. Die gemeinsame Aufsicht soll da schon früher Fehlentwicklungen aufzeigen und eingreifen. Der Ökonom Guntram Wolff von Bruegel glaubt, dass auf die Aufseher da einiges zukommt. Denn das Geschäftsmodell vieler europäischer Banken sie nicht tragfähig. Ihnen stehe Fusion oder Abwicklung bevor.

Einspringen soll dafür nicht mehr der Steuerzahler. Denn die gemeinsame Aufsicht ist nur ein Teil der EU-Bankenunion. Im Pleitefall sollen zunächst die Eigentümer und Gläubiger herhalten. Ab dem nächsten Jahr werden Abwicklungsfonds eingerichtet, gespeist von den Banken selbst.

Zumindest in den ersten Jahren wird da allerdings kaum genug drinnen sein, um große Banken aufzufangen. Für Schieflagen der Branchenriesen möglicherweise überhaupt nie. Dann bleibt wohl auch in Zukunft nur der Rückgriff auf Bewährtes: Das Geld der Steuerzahler.